Was braucht mein Kind?
aktualisiert am 31.01.24 von Prof. Dr. Beate Ditzen | Prof. Dr. Melanie Fischer Medizinische Psychologie, Universitätsklinikum Heidelberg | Familienpsychologie und -therapie, Philipps-Universität Marburg
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Wie schädlich ist Streit für Kinder?
Kinder zwischen Streit und Krach...
Die Auswirkungen von Partnerschaftskrisen sowie von Streit und Trennung auf Kinder sind vielfältig. Jede Familie ist einzigartig und somit kann man auch nicht pauschal sagen, dass ein Streit oder eine Trennung sich auf jeden Fall negativ auf die Kinder auswirkt. Es kommt vielmehr darauf an, auf welche Art und wie oft in einer Familie gestritten wird. So wie es auch im Falle einer Trennung darauf ankommt, ob ein schrecklicher Rosenkrieg entbrennt unter dem alle leiden oder ob es trotz möglicher Verletzungen und Enttäuschungen gelingt, die Elternschaft weiter gemeinsam zu organisieren.
Gibt es Familien, die nie streiten?
Nein! In allen Familien gibt es auch mal Streit, Meinungsverschiedenheiten und Konflikte. Und da wir alle so verschieden sind, kann Streit ganz unterschiedlich ablaufen. Bei manchen Paaren schweigen sich beide mehrere Tage an. Bei anderen Paaren gibt es lautes Schreien und Beschimpfungen. Bei wieder anderen wird eine Person laut und die andere zieht sich zurück. Wie ist es bei Ihnen?
Cartoon von Renate Alf "Uneins"
3 wichtige Fakten zu Streit in der Familie...
Konflikte sind nicht immer negativ!
Konflikte und Streit sind nicht grundsätzlich negativ. Da Konflikte zum Leben dazugehören, können Eltern ein gutes Modell für ihre Kinder sein und den Kindern vorleben, wie man "gut streitet". Dies hilft Kindern, später auch selbst besser mit eigenen Konflikten umzugehen. Die Forschung hat einige Faktoren herausgefunden, durch die sich Konflikte der Eltern mehr oder weniger negativ auf die Kinder auswirken.
Streit und Konflikte sind weniger negativ für Kinder, wenn:
- sie nur kurz andauern.
- sie konstruktiv (also für alle Seiten gewinnbringend und fair) ausgetragen werden.
- sie gewaltfrei ausgetragen werden.
- die Kinder nicht Inhalt des Streits sind (also nicht über die Kinder, die Erziehung oder das Verhalten der Kinder gestritten wird).
- die Kinder nicht zum "Koalitionspartner" oder zur "Koalitionspartnerin" gemacht werden (also kein Elternteil die Kinder auf die jeweilige Seite zieht).
- die Kinder Streit und Konflikte nicht direkt miterleben (also die Eltern den Zeitpunkt von Konflikten so beeinflussen, dass diese erst ausgetragen werden, wenn die Kinder nicht anwesend sind).
- die Kinder die Gründe des Streits verstehen können und vermittelt bekommen, dass sie nicht für den Streit verantwortlich sind.
Eine Trennung ist für Kinder weniger schlimm als andauernder Streit!
Viele Eltern, die über eine Trennung nachdenken, machen sich große Sorgen, dass sie mit einer Trennung die Kinder zu sehr zu belasten. Es stimmt auch, dass eine Trennung immer eine Belastung für Kinder und Jugendliche ist. Allerdings weiß man heute, dass die Belastung durch eine Trennung vor allem davon abhängt, wie die Trennung abläuft. Wenn es gelingt, die Trennung "einvernehmlich" und kooperativ zu gestalten und die Kinder wissen, dass weiterhin beide Elternteile für sie da sind, dann ist die Belastung durch eine Trennung für das Kind kurz und intensiv. Das Kind kann diese kurz andauernde Belastung bewältigen und sich an die neue Situation gewöhnen. Schlimmer sind für Kinder Trennungen, die mit viel "Streit und Drama" ablaufen. Besonders problematisch ist es, wenn die Kinder in Loyalitätskonflikte kommen oder sich ein Rosenkrieg über Monate oder Jahre hinzieht. Das Kind muss dann über einen sehr langen Zeitraum eine schwierige Situation aushalten und leidet auch langfristig stärker darunter.
Es ist allerdings ein Irrglaube, dass eine Trennung immer die schlimmste Belastung für ein Kind darstellt. Denn es hat sich gezeigt, dass besonders Kinder von Eltern, die über Jahre in einer sehr konfliktreichen Beziehung zusammen bleiben, langfristig seelische Probleme davon tragen. Daher kann man hier das Sprichwort anwenden, dass "manchmal ein Ende mit Schrecken" für ein Kind besser ist als "ein Schrecken ohne Ende".
Unter dem Strich heißt das: Egal, ob sich ein Paar zu einer Trennung entschließt oder nicht, entscheidend für das Wohl der Kinder ist, wie in der Familie mit Konflikten vor und nach der Trennung umgegangen wird.
Selbst wenn es in der Familie zu ungünstigen Streitereien gekommen ist, ist nicht gleich alles verloren!
Kinder und Jugendliche reagieren nicht immer gleich auf ungünstig ausgetragene Streitereien. Es gibt glücklicherweise verschiedene Möglichkeiten, wie Eltern ihre Kinder nach solchen Streiten unterstützen können. Manche Dinge wirken wie ein Schutzhelm und eine Schutzkleidung für Kinder, welche die Wucht und Belastung durch die ungünstig ausgetragenen Streitereien ein bisschen abfedern können.
Zu den Faktoren, die eine schützende Wirkung für Kinder haben, gehören:
- Guter familiärer Zusammenhalt bei gleichzeitig ausreichendem Freiraum für die einzelnen Familienmitglieder.
- Ein gut funktionierendes, soziales Netz, welches die Familie extern unterstützt (Freundinnen und Freunde, Verwandte, Nachbarinnen und Nachbarn, usw.).
- Ein grundsätzlich positiver Umgang der Eltern untereinander (also ein freundlicher, fürsorglicher und respektvoller Umgang ohne Beschimpfungen, Beleidigungen und Abwertungen).
- Eine positive kindgerechte Kommunikation mit den Kindern (also den Kindern altersentsprechend Informationen geben, die den Kindern das Verstehen der Konflikte erleichtern, ohne die Kinder mit altersunangemessenen Details zu belasten).
Woran erkenne ich, dass mein Kind unter dem Streit leidet?
Ein Streit zwischen Eltern betrifft meist die ganze Familie
Belastungszeichen bei Kindern
Kinder reagieren sehr unterschiedlich auf Belastungen. Manche Kinder ziehen sich zurück, werden ganz still und in sich gekehrt und es fällt kaum auf, dass sie leiden. Andere Kinder werden auffällig und geraten zum Beispiel vermehrt mit anderen Kindern in Streit oder rutschen plötzlich in der Schule ab. All diese Dinge können - neben anderen möglichen Ursachen - auch als Reaktion auf eine Krise in der Partnerschaft der Eltern auftreten. Aus der Sicht des Kindes ist es wichtig, dass die Familie erhalten bleibt, da sie für das Kind den Lebensmittelpunkt und im Idealfall einen sicheren Hafen darstellt. Daher ist es natürlich erst einmal bedrohlich für ein Kind, wenn die Eltern sich streiten oder sich nicht mehr so gut verstehen. Das ist auch der Grund, warum Kinder so sensible Antennen für Verstimmungen ihrer Eltern oder für Konflikte in der Beziehung ihrer Eltern haben.
Partnerschaftskrisen treten bei vielen Paaren auf und können jede Familie treffen. Daher ist es für Eltern sehr wichtig, Belastungszeichen bei ihren Kindern gut erkennen zu können. Wenn es Eltern gelingt, einfühlsam auf die Ängste und Fragen ihrer Kinder einzugehen, dann sind die Auswirkungen von Streit und Konflikten, aber auch von Trennung und Scheidung weniger schlimm für die Kinder.
Es gibt viele mögliche Anzeichen, dass ein Kind unter Partnerschaftskonflikten leidet. Nicht alle Anzeichen müssen gleichzeitig vorliegen, damit ein Kind als belastet gilt. Es ist sehr wichtig, auch einzelne Anzeichen ernst zu nehmen und dem Kind Hilfen bei der Bewältigung der schwierigen familiären Situation anzubieten. Natürlich können auch ganz andere Dinge die Symptome beim Kind auslösen. Es ist daher wichtig, beides im Blick zu haben: die mögliche Belastung durch die Partnerschaftskrise und mögliche andere Ursachen, wie z.B. eine Erkrankung des Kindes, die eine medizinische Behandlung erforderlich macht.
Reaktionen der Kinder auf elterliche Konflikte können unterschiedlich aussehen
Folgende Anzeichen sollten wir als Eltern unbedingt ernst nehmen:
Mein Kind zieht sich zurück.
Mein Kind hat sich zurückgezogen. Es vernachlässigt Dinge, die ihm oder ihr eigentlich Spaß machen und hat das Interesse an Hobbys und Freizeitaktivitäten verloren. Es möchte sich weniger gerne oder weniger häufig mit anderen Kindern treffen und spielen. Es ist insgesamt vielleicht auch einfach nur stiller geworden und erzählt weniger häufig spontan etwas aus dem Kindergarten oder der Schule.
Dies sind ernstzunehmende Zeichen, dass es Ihrem Kind nicht gut geht. Sprechen Sie mit Ihrem Kind, fragen Sie, was es bedrückt und holen Sie sich Hilfe, wenn Sie merken, dass dieses Verhalten Ihres Kindes häufiger auftritt oder länger andauert.
Rückzug
Mein Kind verhält sich auffällig oder ganz anders als sonst.
Mein Kind ist in letzter Zeit häufiger trotzig und wütend. Es ist unkonzentrierter und ständig unruhig. Die Lehrkräfte oder Erziehende haben auch schon berichtet, dass es mehr Probleme gibt und mein Kind öfters mit anderen Kindern in Streit gerät. Neulich hat sich mein Kind auf dem Pausenhof sogar mit einem anderen Kind geprügelt. Ich mache mir total Sorgen, weil ich den Eindruck habe, dass mein jugendliches Kind auf einmal angefangen hat, Alkohol, Zigaretten oder Drogen zu gebrauchen. Mein Kind isst auf einmal viel mehr Süßigkeiten, manchmal auch heimlich oder es hat völlig den Appetit verloren. Mein Kind hat ständig Bauch- oder Kopfweh. Auch uns Eltern gegenüber zeigt es ein anderes Verhalten und beginnt häufig Streit.
All diese Dinge können ein Hinweis darauf sein, dass Ihr Kind unter der aktuellen Situation leidet.
Ungewöhnliches oder auffälliges Verhalten
Mein Kind hat Probleme in der Schule.
Mein Kind bringt auf einmal schlechtere Noten mit nach Hause. Es kann sich bei den Hausaufgaben nicht konzentrieren oder verheimlicht mir, was es für Hausaufgaben aufhat. Die Lehrkräfte haben beim Elternabend gesagt, dass mein Kind sich in der Schule verändert hat. Es meldet sich nicht mehr so oft und passt nicht auf. Neulich hat mich die Schule angerufen und mir mitgeteilt, dass mein Kind gar nicht zum Unterricht erschienen ist. Mein Kind schwänzt auf einmal die Schule.
Diese Veränderungen können ein Zeichen sein, dass Kinder unter Belastungen und Konflikten zuhause leiden. Es ist wichtig, dies ernst zu nehmen und gemeinsam mit dem Kind Lösungen zu suchen.
Probleme in der Schule
Mein Kind mischt sich in unseren Streit ein.
Mein Kind versucht, unseren Streit zu schlichten. Es mischt sich ein und unterbricht uns. Es bietet Lösungen an oder versucht, das Thema auf etwas anderes zu lenken. Neulich als wir uns angeschrien haben, hat es sich auf einmal verletzt oder etwas angestellt, sodass wir aufhören mussten und uns um es gekümmert haben. Manchmal versucht es sich als Vermittler anzubieten und übernimmt es, Nachrichten zwischen uns weiterzugeben, damit wir nicht miteinander reden und wieder streiten.
Diese Zeichen sind ernste Zeichen, dass es ihrem Kind nicht gut geht. Es ist sehr wichtig, hier zu handeln. Ein Kind sollte nie in den Streit "hineingezogen" werden und es ist die Aufgabe der Eltern, das Kind davor zu schützen.
Einmischen in den Streit der Eltern
Mein Kind hat ein geringes Selbstwertgefühl.
Mein Kind ist unzufrieden mit sich selbst. Es ist schüchterner geworden oder wertet seine eigene Person und seine Fähigkeiten ab. Es spricht schlecht über sich selbst. Es sagt, es wäre gerne so toll wie ein anderes Kind. Es sagt, keiner kann es lieb haben.
Diese Zeichen sprechen ebenfalls sehr deutlich dafür, dass es dem Kind schlecht geht. Es ist wichtig, solche Aussagen nicht auf die leichte Schulter zu nehmen. Falls es Ihnen schwerfällt, dem Kind diese Ängste zu nehmen, scheuen Sie sich nicht, sich an professionelle Hilfe zu wenden.
Niedriges Selbstwertgefühl
Mein Kind hat häufig negative Gefühle.
Mein Kind ist häufig traurig und geknickt. Es weint häufiger oder schreit mehr als früher. Es reagiert ängstlich oder voller Scham auf viele Dinge. Oft reagiert es über und wird in seiner Verzweiflung wütend und aggressiv. Es hat Schuldgefühle und sagt, es sei schuld an der aktuellen Situation.
Es ist natürlich ganz normal und gut, dass ein Kind weint, wenn es traurig ist und schreit, wenn es wütend ist. Aber wenn diese Gefühle oft und vor allem häufiger als früher auftreten, kann dies ein wichtiges Warnzeichen sein, dass das Kind unter der aktuellen Situation leidet. Es ist wichtig, die Gefühle des Kindes ernst zu nehmen und dem Kind zu vermitteln, dass die Gefühle in Ordnung und normal sind. Gleichzeitig ist es wichtig, dem Kind zu helfen, sich wieder sicherer zu fühlen, damit es auch wieder häufiger positive Gefühle erleben kann.
Häufige negative Gefühle
Mein Kind schläft schlecht.
Mein Kind hat auf einmal wieder mehr Schwierigkeiten einzuschlafen. Es kommt jede Nacht und möchte auf der Besucherritze schlafen. Es hat Albträume und schreckt weinend auf. Es hat auf einmal wieder Angst vor Monstern im Kinderzimmer und braucht viel mehr Nähe, um einschlafen zu können. Mein jugendliches Kind hat seinen Tag-Nacht-Rhythmus völlig verändert und schläft den ganzen Tag. Mein Kind ist tagsüber ständig müde.
Dies können Zeichen dafür sein, dass das Kind unter der aktuellen Situation leidet. Auch wir Erwachsenen schlafen schließlich oft schlechter in belastenden Zeiten. Es sollte unbedingt abgeklärt werden, ob die Symptome des Kindes mit den Konflikten in Zusammenhang stehen oder ob es andere Ursachen gibt.
Schlechter Schlaf
Kurz zusammengefasst:
Wenn Kinder folgende Zeichen zeigen, sollten wir Eltern aufmerksam sein. Es kann sich dabei um Reaktionen auf die Partnerschaftskrise handeln:
- Rückzug
- Auffälliges Verhalten
- Probleme in der Schule
- Einmischen in den Streit der Eltern
- Niedriges Selbstwertgefühl des Kindes
- Häufige negative Gefühle
- Schlechter Schlaf
Was hilft Kindern, wenn die Eltern häufig streiten?
Kinder in Partnerschafts- und Familienkrisen begleiten und unterstützen
Es geht natürlich nie ganz spurlos an Kindern vorbei, wenn die Partnerschaft ihrer Eltern in einer Krise steckt. Die Forschung und auch die jahrzehntelange Erfahrung in der Beratungspraxis für Eltern in Krisen hat jedoch gezeigt, dass es einige hilfreiche und sehr konkrete Dinge gibt, mit denen Eltern es ihren Kindern leichter machen können, eine solche Krise unbeschadet zu überstehen.
Sie können Ihr(e) Kind(er) unterstützen!
Ich dachte, es ist meine Schuld, dass sie sich immer streiten. Darum habe ich versucht, immer ganz brav zu sein. Dann hat Papa gesagt, dass es gar nicht meine Schuld ist, wenn sie streiten und dass ich mich nicht extra anstrengen brauche, weil sie mich liebhaben, auch wenn sie mal streiten.
Ich habe mir so viele Gedanken gemacht, was passieren würde, wenn sie sich trennen. Wo ich dann wohnen müsste und so was. Das hat mich ständig beschäftigt. Auch in der Schule und so. Seit wir mal da drüber gesprochen haben, kann ich auch wieder mehr an andere Sachen denken.
Mama hat gesagt, dass ich alles fragen soll, was ich möchte. Ich habe gefragt, ob sie sich trennen. Sie hat gesagt, dass sie es nicht weiß, aber dass sie mich immer beide gleich liebhaben und für mich da sind. Da war ich ganz schön erleichtert.
Konkrete Tipps
Kindgerecht über die Situation in der Familie sprechen!
Kinder haben ein gutes Gespür für Stimmungen und Gefühle. Auch wenn Eltern nicht vor ihrem Kind streiten, ist es sehr wahrscheinlich, dass es trotzdem merkt, dass etwas nicht stimmt. Bereits im Säuglingsalter nehmen Kinder wahr, ob die Eltern aufgeregt oder ruhig sind. Deswegen ist es wichtig, dass Sie Ihrem Kind altersentsprechend erklären, was los ist und dass der Streit nichts mit ihm zu tun hat. Natürlich sieht das bei einem dreijährigen Kind anders aus als bei einem sechsjährigen. Je jünger das Kind ist, umso wichtiger ist es, vor allem emotionale Verfügbarkeit und Liebe zu vermitteln. Je älter das Kind ist, umso mehr wird es bereits spezifischere Fragen und Befürchtungen haben. Es hilft Kindern, wenn ihre Eltern vermitteln und auch direkt sagen, dass es gut ist, Fragen zu stellen. Indem Sie auf diese Fragen dann altersentsprechend eingehen, helfen Sie Ihrem Kind, das Geschehen gut zu verarbeiten und Ängste abzubauen. Kinder können so lernen, gut mit schwierigen Situationen umzugehen und sich auch in der Krise zuhause weiterhin geborgen zu fühlen.
Nicht vor den Kindern streiten!
Es ist unvermeidbar, dass Kinder manchmal mitbekommen, wenn ihre Eltern sich streiten. Dennoch kann es einen großen Unterschied machen, in welchem Ausmaß Kinder den Streit miterleben. Versuchen Sie also so gut wie möglich den Streit von ihrem Kind fernzuhalten und streiten Sie nicht in dessen Anwesenheit. Natürlich ist das nicht immer leicht – wenn man sich sehr über etwas ärgert, will man es oft auch direkt loswerden – manchmal auch wenn gerade ein Kind in der Nähe ist. Dennoch sollten Sie dann versuchen, die Diskussion auf einen anderen Zeitpunkt zu verschieben. Sehr hilfreich kann dabei die Time-Out Methode sein. Unbedingt vermeiden sollten Sie außerdem, Ihr Kind mit in einen Konflikt einzubeziehen. Ein Kind sollte nie zwischen den Elternteilen entscheiden müssen oder in Loyalitätskonflikte geraten. Genauso sollte das Kind oder die Kindererziehung nie in der Gegenwart des Kindes zum Streitthema werden, da dies bei Kindern große Schuldgefühle auslösen kann, die für die Entwicklung des Kindes nicht förderlich sind. Außerdem gehört auch dazu, vor Ihrem Kind nicht schlecht über das andere Elternteil zu reden, egal wie sauer sie gerade auf sie oder ihn sind!
Hilfreiche Kontakte des Kindes fördern!
Vor allem wenn es zuhause öfter mal Streit gibt, kann es für Kinder sehr wichtig sein noch andere enge Bezugspersonen als die Eltern zu haben. Diese anderen Personen können die Eltern auf keinen Fall ersetzen, denn die Beziehung zwischen Eltern und Kindern ist etwas Einzigartiges. Dennoch können andere Menschen Kindern dabei helfen, mit Konflikten zuhause besser umzugehen, wodurch auch die Eltern-Kind-Beziehung weniger belastet wird. Solche Bezugspersonen können z. B. Oma und Opa oder andere Verwandte sein, aber auch Lehrerkräfte und Trainerinnen bzw. Trainer und natürlich gleichaltrige Freundinnen und Freunde. Es ist also wichtig, dass Sie Ihrem Kind ermöglichen, Kontakte zu anderen Bezugspersonen aufzubauen und diese zu pflegen. Unterstützen Sie Verabredungen Ihres Kindes mit anderen Kindern und lassen Sie es auch (trotz der Krise zuhause) Freundinnen und Freunde nach Hause einladen. Geben Sie Ihrem Kind die Zeit und den Raum, die Freizeit sowohl mit Ihnen als auch mit weiteren wichtigen Bezugspersonen zu verbringen.
Seien Sie für Ihr Kind da und sagen Sie Ihrem Kind, dass Sie es lieben!
Vor allem für junge Kinder sind Eltern die wichtigsten Bezugspersonen im Leben. In Familienkrisen sollten Kinder daher besonders viel Aufmerksamkeit, Zuwendung und Liebe erhalten. Das ist der beste Schutz überhaupt, den ein Kind erhalten kann. Aufmerksamkeit, Zuwendung und Liebe zu geben, kann zum Beispiel in Form von gemeinsamen Aktivitäten oder Kuscheln auf der Couch geschehen. Zudem ist es in Krisenzeiten sehr wichtig, dem Kind in Worten ganz direkt zu sagen, dass man es liebhat und immer für es da sein wird. Hier liegen die größten Ängste von Kindern und es ist sehr wichtig, dem Kind diese Ängste so gut wie möglich zu nehmen. Zeigen Sie zum Beispiel auch Interesse an Ihrem Kind, indem Sie mit Ihrem Kind über seine:ihre alltäglichen Erlebnisse sprechen und loben Sie es.
- Gemeinsame Aktivitäten finden, die Ihrem Kind Spaß machen; auch mal Ihr Kind entscheiden lassen, was gemacht wird
- Regelmäßig nachfragen, wie es z. B. in der Schule war, was ihr oder ihm besonders Spaß macht, mit welchen Kindern sie oder spielt,...
- Hobbies unterstützen - zu Aufführungen, Sportturnieren o.ä. begleiten
- Oft loben, wenn Ihr Kind etwas gut gemacht hat - auch kleine Dinge (ein schönes Bild gemalt, einem Freund geholfen, Zimmer aufgeräumt…)
- Gemeinsame Rituale etablieren, z. B. gemeinsames Abendessen, Vorlesen zum Einschlafen, sonntags spazieren gehen,...
Was Kinder häufig befürchten...
Wenn es in der Partnerschaft der Eltern kriselt, treten bei Kindern oft bestimmte Ängste und Befürchtungen auf. Wenn Eltern derartige Befürchtungen bei ihren Kindern vermuten – aber auch vorbeugend – damit diese erst gar nicht auftreten, ist es wichtig, bestimmte Punkte ganz klar und direkt mit dem Kind zu besprechen. Im Folgenden sehen Sie einen Brief von Kindern an Ihre Eltern, in dem die Kinder ihre Befürchtungen aufgeschrieben haben.
Sorgen von Kindern in Partnerschaftskrisen
Kurz zusammengefasst:
Um Kinder bei der Bewältigung einer Partnerschaftskrise bestmöglich zu unterstützen, achten Sie auf folgende Punkte:
- Kindgerecht mit dem Kind über die Situation reden
- Das Kind ermutigen, zur Situation Fragen zu stellen und diese dann kindgerecht beantworten
- Nicht vor dem Kind streiten
- Das Kind nicht in einen Loyalitätskonflikt bringen
- Hilfreiche Kontakte des Kindes fördern
- Dem Kind sagen, dass es keine Schuld am Streit trifft
- Dem Kind sagen, dass es geliebt wird
Wann muss ich sofort handeln?
Schützen Sie Ihr Kind davor, Gewalt zu erleben!
Gewalt in der Familie
Genau wie es für Sie persönlich "Dealbreaker" in einer Beziehung gibt, die dazu führen, dass Sie entscheiden zu gehen, so gibt es auch Dinge, die Kinder in Ihrer Familie nicht erleben sollten. Kinder können sich in einer Familie nicht eigenständig aus den belastenden Bedingungen befreien. Daher liegt es in der Verantwortung der Eltern, ihre Kinder zu schützen.
In manchen Situationen kann ein längeres Überlegen und Abwägen Sie und Ihre Kinder in Gefahr bringen. Es ist wichtig, solche Situationen zu erkennen und sich dann schnell Hilfe zu holen. Zu den Dingen, die Kinder nie erleben sollten, gehören jede Form von psychischer, körperlicher oder sexueller Gewalt gegen das Kind, aber auch innerhalb der Partnerschaft der Eltern.
Haben Sie keine Angst, dass "man Ihnen Ihre Kinder wegnimmt", wenn Sie sich in einer solchen Situation Hilfe suchen! Ganz im Gegenteil, nur so kann Ihnen geholfen werden, sich und Ihr Kind zu schützen. Es gibt spezialisierte Anlaufstellen, die viel Erfahrung mit Gewalt in Familien haben und die Familien in solch schwierigen Situationen auf vielfältige Art helfen.
Wichtig!
Schützen Sie Ihr Kind davor, Gewalt zu erleben!
Quellen
Mehr zum Thema
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Quellen
Bodenmann, G. (2013). Lehrbuch Klinische Paar- und Familienpsychologie. Huber.
Hahlweg, K. (2019). Partnerschaftsprobleme und präventive Interventionen. Psychotherapeut, 64(5), 396-400. https://doi.org/10.1007/s00278-019-00376-y
Zarling, A. L., Taber-Thomas, S., Murray, A., Knuston, J. F., Lawrence, E., Valles, N.L., DeGarmo, D. S., & Bank, L. (2013). Internalizing and externalizing symptoms in young children exposed to intimate partner violence: examining intervening processes. Journal of Family Psychology, 27(6), 945-955. https://doi.org/10.1037/a0034804
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