Mit Stress umgehen
erstellt am 14.10.22 von Dr. Ulrike Lux und Dr. Janin Zimmermann Entwicklungs- und Familienpsychologie, Ludwig-Maximilians-Universität München

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Hier finden Sie Antworten auf die folgenden Fragen:
Wie kann ich in stressigen Situationen Ruhe bewahren?
Alle Menschen erleben Situationen, in denen sie total gestresst sind. Doch nach einer Trennung reagieren viele Eltern besonders gestresst in Situationen, in denen es um den anderen Elternteil geht. Viele berichten, dass ihr Verhalten nur eine Reaktion auf den anderen Elternteil ist und ihr Ärger so hochkocht, dass sie nichts ändern können. Ihre Gefühle fahren sozusagen Achterbahn.
Diese Achterbahn zu stoppen und Wege zu finden, mit belastenden Situationen anderst umzugehen, sind wichtige Voraussetzungen, um den Kindern eine gute Entwicklung zu ermöglichen.
Die gute Nachricht ist: Wenn der andere Elternteil Ihre Planungen mal wieder umwirft, können Sie die Achterbahn ausbremsen. Drücken Sie den Pausenknopf und verschaffen Sie sich Zeit, um auf sich zu schauen und bewusst anders zu reagieren…

Die Gefühlsachterbahn
Wie gerät man in die Gefühlsachterbahn?
Die Gefühlsachterbahn stoppen
Sehen Sie sich an, wie Jenny und Dirk in die Gefühlsachterbahn geraten.
Inhalt des Videos in Textform
Die Gefühlsachterbahn stoppen
Dirk aus dem Off (Telefon): Du, es tut mir leid, ich kann Lilly heute nicht vom Schwimmbad abholen, ich muss länger arbeiten.
Jenny ruft (wütend): Was? ... Man kann sich nie auf ihn verlassen!
Jenny (vorwurfsvoll): Das kann doch nicht wahr sein! Jetzt muss ich wieder alles umorganisieren! Aber deine Arbeit ist natürlich, wie immer, wichtiger.
Dirk: Immer nur Vorwürfe. Ich muss die ganze Zeit nach ihrer Pfeife tanzen.
Sprecher (aus dem Off): Haben Sie auch den Eindruck, Sie fahren Achterbahn und sind nur noch gestresst vom anderen Elternteil? Der Pausenknopf kann eine Erste Hilfe sein. Man kann ihn jederzeit drücken, um die Gefühlsachterbahn anzuhalten.
Dirk (zu sich): Ruhig bleiben... Ich muss nicht auf jeden Vorwurf mit einem Gegenvorwurf reagieren.
Dirk (ruhig zu Jenny): Ich kann wirklich nicht anders. Kannst Du es übernehmen oder soll ich meinen Vater fragen, ob er Lilly abholt?
Jenny (zu sich; ruhiger Tonfall): Cool bleiben. Ich reagiere einfach so, als wäre er nur ein Arbeitskollege.
Jenny (ruhig zu Dirk): Ich habe auch Termine, und müsste einiges umplanen, aber... es wäre schon gut, wenn du deinen Vater fragst. Kannst du das machen?
Der Pausenknopf
In diesem Video erfahren Sie, wie man den Pausknopf drücken und die Gefühlsachterbahn anhalten kann.
Inhalt des Videos in Textform
Pausenknopf – Erste Hilfe in der Gefühlsachterbahn.
Jenny hat einen stressigen Tag vor sich und ist spät dran, um ihre Tochter zum Schwimmkurs zu bringen.
In dem Moment ruft Vater Dirk an und sagt, dass er Lilly nicht wie vereinbart nachmittags abholen kann, weil er länger arbeiten muss.
Jenny gerät sofort in eine Gefühlsachterbahn. Diese wird beschleunigt durch innere Kommentare, die sie zu sich sagt, durch ihre Gefühle und ihre Reaktionen.
Bei Jenny taucht der negative innere Kommentar auf, dass man sich nie auf Dirk verlassen kann.
Jenny fühlt sich deswegen ziemlich gestresst und wird wütend auf Dirk.
Darauf reagiert sie, indem sie zu Dirk sagt, dass sie jetzt wegen ihm alles wieder umorganisieren muss, weil seine Arbeit ja immer wichtiger ist.
Bei Dirk läuft daraufhin dasselbe ab und es entsteht mal wieder ein Streit zwischen beiden.
Eine Beraterin hatte den Eltern kürzlich empfohlen, in solchen Situationen den Pausenknopf zu drücken. Dieser kann eine Erste Hilfe sein, um die Gefühlsachterbahn anzuhalten.
Den Pausenknopf zu drücken heißt, kurz Innezuhalten, die eigenen Gefühle wahrzunehmen, sich einen positiven inneren Kommentar in den Kopf zu holen und sich danach zu verhalten.
Jenny versucht, ihre Achterbahn zu bremsen und mehrmals tief ein und aus zu atmen .
Sie fragt sich dann, was gerade in ihr vorgeht und welche Gefühle sie wahrnimmt.
Sie überlegt, was sie jetzt am liebsten machen würde und was eigentlich ihr Ziel für das Gespräch mit Dirk ist.
Sie macht sich bewusst, was gerade geschieht und beruhigt sich selbst, indem sie sich einen hilfreichen inneren Kommentar in den Kopf holt.
Jenny sagt zu sich, dass sie ein gutes Vorbild für ihre Tochter sein möchte und sie sich vorgenommen hat, ruhig zu bleiben.
Außerdem möchte sie mit Dirk so sprechen wie mit einem Arbeitskollegen.
Jenny versucht, sich davon leiten zu lassen und jetzt bewusst anders zu reagieren, indem sie Dirk fragt, ob er seinen Vater bitten könnte, Lilly am Nachmittag abzuholen.
Das Gute ist, dass jeder Einfluss darauf hat, ob die eigene Gefühlsachterbahn schneller wird oder ihren Lauf verlangsamt.
Wenn Sie merken, dass negative Gefühle und Gedanken ihre Reaktionen bestimmen, kann der Pausenknopf eine Hilfe sein.
Mit dem Pausenknopf können Sie Streit verhindern, indem Sie selbst innehalten und sich bewusst werden, wie Sie sich fühlen und welchen inneren Kommentar sie hören.
Der Pausenknopf hilft ihnen dabei, sich klar zu machen, was ihnen jetzt wichtig ist und wie sie das am besten ausdrücken können.
Der Pausenknopf
Wie kann man den Pausenknopf drücken?
Der Pausenknopf ist eine Erste Hilfe, um die Gefühlsachterbahn auszubremsen. Eine Möglichkeit, um sich Zeit zu verschaffen, auf sich zu schauen und daraufhin – auch für die Kinder – bewusst anders zu reagieren.
Grundhaltung
„Ich kann und will die Achterbahn ausbremsen!“
- Machen Sie sich klar, dass Sie nicht vom anderen Elternteil abhängig sind. Vertrauen Sie in Ihre Fähigkeiten, die Dinge anders zu machen als bisher, auch wenn der andere Elternteil sich nie ändern wird.
1. Den Pausenknopf drücken
- Atmen Sie tief durch
- Entspannen Sie bewusst Ihre Muskulatur um sich eine kurze Pause von der Situation zu verschaffen
Formulierungshilfen
... Erstmal durchatmen...
2. Die innere Situation erforschen
- Fragen Sie sich, was gerade in Ihnen vorgeht. Welche inneren Kommentare kommen auf? Welche Gefühle nehmen Sie war?
Formulierungshilfen
... Was passiert grade in mir? ...
... Welche Gedanken kommen auf?...
... Wie ist mein Gefühl?...
... Wie fühlt sich mein Körper an?...
3. Sich auf das Ziel fokussieren
- Manchmal gerät das Ziel, nicht mehr Achterbahn fahren zu wollen und sich selbst gut zu tun, aus dem Blick. Stattdessen will man es dem anderen Elternteil heimzahlen oder sich nichts gefallen lassen. Besinnen Sie sich auf das, was jetzt wichtig ist.
Formulierungshilfen
... Ich kann und will die Achterbahn ausbremsen...
4. Sich einen hilfreichen inneren Kommentar holen
- Rufen Sie sich einen inneren Kommentar ins Gedächtnis, der Ihnen gleich helfen wird, das Gespräch gut weiterzuführen.
Tipp: Überlegen Sie sich am besten vorher schon, was Sie zu sich selbst sagen könnten.
- Der hilfreiche innere Kommentar kann sich auf Sie selbst oder Ihr Kind beziehen, aber auch auf den anderen Elternteil. Es hilft, den Kommentar positiv, also ohne Verneinungen zu formulieren, das hat einen deutlicheren Effekt.
Tipp: Probieren Sie ruhig unterschiedliche Kommentare aus, um zu wissen, welcher am besten zu Ihnen passt.
Formulierungshilfen
…Ich tue mir selbst und meinem Kind gut…
…Ich will meinem Kind ein Vorbild sein…
…Ich möchte ruhig bleiben…
…Dies ist eine Übung: Ich lasse mich nicht aus der Ruhe bringen…
...Ich werde gleich stolz auf mich sein, weil ich einen klaren Kopf behalten habe…
…Rom ist nicht an einem Tag erbaut worden, auch kleine Schritte sind wichtig…
…Ich tue so als wäre sie bzw. er nur eine Arbeitskollegin bzw. Arbeitskollege…
…Sie/Er kann auch nicht anders…
…Höflichkeit siegt…
5. Reagieren Sie bewusst anders
- Lassen Sie sich von Ihrem hilfreichen inneren Kommentar leiten, und reagieren Sie ganz bewusst.
- Vertrauen Sie dabei in Ihre Fähigkeiten, die Dinge anders zu machen, selbst wenn der andere Elternteil dies nicht tut!
Tipp: Auf der Seite Deeskalation und Konfliktlösung finden Sie einige Dinge, die Sie tun oder sagen können, um Konflikte nicht zu verschlimmern.

Bremsen üben...
Es ist oft gar nicht so einfach, den Pausenknopf zu drücken. Manchmal fehlt einem die Kraft, in der Achterbahn gegenzusteuern. Deshalb ist es wichtig, dass wir Stress möglichst früh erkennen und gut für uns sorgen. Oft braucht es auch mehrere „Bremsversuche“ um die Achterbahn anzuhalten, bleiben Sie dran und geben Sie nicht gleich beim ersten gescheiterten Bremsversuch auf.
Wie kann ich mit Stress umgehen?
Um Stress im Alltag zu meistern, greifen wir auf ganz unterschiedliche Fähigkeiten und Strategien zurück. Wenn der Stresspegel jedoch steigt und wir keine Erholungsphasen mehr haben, fehlen uns häufig die Ideen, die Batterien sind leer. In solchen Zeiten sollten wir uns kleine Inseln im Stressmeer schaffen und gut für uns selbst zu sorgen, um wieder Kraft zu tanken.
Im Bereich „Erste Hilfe für Paare in der Krise“ finden Sie weitere Tipps und Techniken zur Selbstfürsorge, die auch nach der Trennung hilfreich sein können

Selbstfürsorge
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Folgt in Kürze:
Strategien im Umgang mit Stress
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Quellen und Links
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