Umgang (Umgangsrecht und Umgangspflicht)
erstellt am 20.01.23 von Jennifer Reh, Prof. Dr. Eva Schumann Familienrecht, Georg-August-Universität Göttingen

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Hier finden Sie Antworten auf die folgenden Fragen:
- Was ist das Umgangsrecht und wem steht es zu?
- Wie wird der Umgang im Falle einer Trennung geregelt?
- Wie häufig und wie lange findet der Umgang statt?
- Wer trägt die Kosten, die bei der Ausübung des Umgangs entstehen?
- Welche Entscheidungen darf der Elternteil während des Umgangs allein treffen?
- Was passiert, wenn sich die Eltern nicht über den Umgang einigen können?
- Was passiert bei Konflikten zwischen den Eltern bezüglich der Ausübung des Umgangs?
Was ist das Umgangsrecht und wem steht es zu?
Während des Umgangs verbringen Kind und Umgangselternteil Zeit miteinander
Der Umgang zwischen Kind und Elternteil hat den Zweck, dass ...
- Bindungen des Kindes zum Umgangselternteil entstehen bzw. aufrechterhalten und gestärkt werden
- das Kind nicht vom Umgangselternteil durch das Getrenntleben entfremdet wird
- das Kind die Trennung der Eltern besser verarbeiten kann
- der Umgangselternteil an der körperlichen und geistigen Entwicklung des Kindes weiter teilnimmt
Auch Großeltern, Geschwister, Stiefeltern und andere enge Bezugspersonen können ein Umgangsrecht haben, wenn dies dem Wohl des Kindes dient. Möchten Sie mehr zum Umgangsrecht Dritter erfahren?
PDF herunterladenAbgrenzung von Umgang und elterlicher Sorge
Sorge- und Umgangsrecht haben unterschiedliche Funktionen. Die elterliche Sorge beinhaltet das Recht, über die Angelegenheiten des Kindes zu entscheiden. Das Umgangsrecht besteht unabhängig vom Sorgerecht, d. h. jeder Elternteil (auch ein nicht sorgeberechtigter Elternteil) hat ein Recht auf Umgang mit seinem Kind. Dies soll den persönlichen Kontakt zwischen Elternteil und Kind sichern und die familiär-soziale Beziehung stärken. Ist ein Elternteil nicht sorgeberechtigt, kann sie oder er während des Umgangs für das Kind nur Entscheidungen in Angelegenheiten der tatsächlichen Betreuung treffen.
Elterliche Sorge | Umgang | |
---|---|---|
Inhalt | Personen- & Vermögenssorge des Kindes | Kontaktpflege zwischen dem Kind & dem Umgangsberechtigten |
Zweck | Pflege, Versorgung & Erziehung des Kindes | Festigung der Bindung zwischen dem Kind & dem Umgangsberechtigten |
Berechtigung | in der Regel gemeinsames Sorgerecht der Eltern | beide Eltern & Bezugspersonen (z. B. Großeltern, Stiefeltern) |
Wie wird der Umgang im Falle einer Trennung geregelt?
Grundsätzlich freie Gestaltung des Umgangs
Die konkrete Ausgestaltung des Umgangs ist nicht gesetzlich vorgegeben. Vielmehr gehört es zur Elternverantwortung, dass Sie einvernehmlich Art und Umfang der Besuche und Kontakte regeln, d. h. eine individuelle Umgangsvereinbarung treffen, die dem Wohl und Willen des Kindes sowie Ihrer Lebenssituation am besten entspricht.
Es steht Ihnen frei, flexible Reglungen zu treffen oder genau bestimmte Umgangszeiten festzulegen. Sie können den Umgang ganz individuell gestalten – passend zum Tagesablauf und zu den Bedürfnissen Ihres Kindes sowie zu Ihrem beruflichen und privaten Alltag. Einigen Eltern genügt es, die vereinbarte Umgangspraxis einfach zu leben, andere fühlen sich sicherer mit einer schriftlich festgelegten Vereinbarung, weil dadurch die Regelung des Umgangs für sie klarer und verbindlicher ist. Wie detailliert eine Umgangsvereinbarung sein soll, müssen Sie selbst entscheiden. Bei hohem Konfliktpotential zwischen den Eltern kann es helfen, alle wichtigen Punkte und strittigen Fragen zum Umgang klar und eindeutig zu regeln. Dadurch können Missverständnisse und Konflikte erheblich reduziert werden.
Hier finden Sie hilfreiche Tipps zur Ausgestaltung und Ausübung des Umgangs:

Inhalt einer Umgangsvereinbarung
In einer Umgangsvereinbarung können folgende Fragen geregelt werden:
- An welchen Tagen und zu welchen Zeiten soll der Umgang ausgeübt werden?
- An welchem Ort soll der Umgang stattfinden?
- Wie werden das Holen und Bringen des Kindes zur Ausübung des Umgangs organisiert?
- Wie soll der Umgang an Feier- und Geburtstagen sowie in den Ferien erfolgen?
- Wie sollen Kontakte außerhalb der Umgangszeiten erfolgen?
Hier finden Sie ein Muster für eine Umgangsvereinbarung für Eltern, die das Residenzmodell bei der Betreuung praktizieren:
Interessieren Sie sich für weiterführende Informationen zu Umgangspraktiken, die von der Rechtsprechung bestätigt wurden?
Verbindlichkeit von außergerichtlichen Umgangsvereinbarungen?
Einvernehmlich getroffene Umgangsregelungen der Eltern sind nicht zwangsweise durchsetzbar. Hält sich ein Elternteil nicht mehr an die Vereinbarung, hat dies zunächst keine rechtlichen Konsequenzen. Allerdings berücksichtigt das Familiengericht die Umgangsvereinbarung bei seiner Entscheidung, wenn die Umgangsregelung über längere Zeit gut funktioniert hat. Möchten Sie nähere Informationen zu Elternvereinbarungen erhalten?
Wie häufig und wie lange findet der Umgang statt?
Häufigkeit und Dauer des Umgangs
Das Gesetz macht keine Angaben zur Häufigkeit und Dauer des Umgangs. Der Umgang sollte jedoch regelmäßig erfolgen, damit sichergestellt wird, dass eine Bindung zwischen Kind und Elternteil erhalten und gefördert wird. Dafür ist nicht die Häufigkeit des Kontakts, sondern dessen Qualität entscheidend. Die Rechtspraxis geht davon aus, dass Übernachtungen dem Kindeswohl entsprechen und ihr Ausschluss daher besonderer Rechtfertigung bedarf.
Die genaue Ausgestaltung ist einzelfallabhängig. Maßgeblich sind immer das Kindeswohl und der Kindeswille. Die Beziehung des Kindes zum umgangsberechtigten Elternteil spielt dabei eine wichtige Rolle. Auch weitere Kriterien wie die Entfernung der Wohnorte oder die Arbeitszeiten der Eltern können zu berücksichtigen sein. Leben Geschwister nicht gemeinsam bei einem Elternteil, sollten die Besuchszeiten so abgestimmt werden, dass die Geschwister sich möglichst häufig sehen.

Ein regelmäßiger Umgang ist wichtiger als seine Dauer
Unterscheidung zwischen "üblichem" und "erweitertem" Umgang
Die Familiengerichte unterscheiden teilweise zwischen „üblichem“ und „erweitertem“ Umgang. Mit dieser Unterscheidung ist nicht gemeint, dass der „übliche Umgang“ der Normalfall ist. Vielmehr wird diese Differenzierung vorgenommen, weil sich ein „erweiterter Umgang“ nach der Rechtsprechung auf die Höhe des Kindesunterhalts auswirken kann.
"Üblicher Umgang"
- Bei Kleinkindern ist eher die Regelmäßigkeit als die Dauer des Umgangs entscheidend. Üblich ist daher ein wöchentlicher Umgang, der aber kürzer ausfällt (ca. ein halber Tag). Bei einer guten Eltern-Kind-Bindung können auch längere Umgangszeiten in Betracht kommen.
- Bei Schulkindern liegen Besuche an jedem zweiten Wochenende beim Umgangselternteil und die Hälfte der Ferien im Rahmen des üblichen Umgangs.
- Bei Jugendlichen sollten verstärkt die eigenen Wünsche des Kindes in die Ausgestaltung des Umgangs einbezogen werden.
"Erweiterter Umgang"
Geht der Umgang zeitlich deutlich über das übliche Maß hinaus, dann spricht man von einem „erweiterten Umgang“. Dieser liegt in der Regel bei mindestens einem zusätzlichen Betreuungstag unter der Woche vor.
Ein erweiterter Umgang kann Auswirkungen auf die Höhe des Kindesunterhalts haben.
Wer trägt die Kosten, die bei der Ausübung des Umgangs entstehen?
Grundsätzliche Kostentragung durch Umgangselternteil
Grundsätzlich muss der Umgangselternteil für die Umgangskosten allein aufkommen. Die Kostentragungspflicht gilt unabhängig davon, ob ein gemeinsames Sorgerecht besteht.
Die Hälfte des Kindergeldes wird auf den vom Umgangselternteil zu zahlenden Barunterhalt angerechnet. Damit sind die während des Umgangs entstehenden Verpflegungs-, Wohn- und Fahrtkosten zumindest teilweise ausgeglichen. Ausnahmsweise kann auch der hauptbetreuende Elternteil an den Umgangskosten beteiligt werden. Eine solche Kostenbeteiligung ist zum einen von den wirtschaftlichen Verhältnissen beider Eltern und zum anderen vom Umfang des Umgangs abhängig. Sie wird durch eine Kürzung des Barunterhalts für das Kind umgesetzt.
Bezieht der Umgangselternteil Sozialhilfe, kann ihm ein Anspruch auf staatliche Übernahme der Umgangskosten zustehen.
Mögliche Umgangskosten
Folgende Kosten können bei der Ausübung des Umgangs entstehen:
- Fahrtkosten für das Abholen und Zurückbringen des Kindes
- Kosten für Verpflegung und Unternehmungen mit dem Kind
- Kosten für die Unterkunft des Kindes beim Umgangsberechtigten
- Kosten für die Unterkunft des Umgangselternteils bei Besuch des Kindes
Entlastung des Umgangselternteils bei der Kostentragung
Kostenbeteiligung des anderen Elternteils bei "üblichem Umgang"
- Beengte wirtschaftliche Verhältnisse:
Wenn die Kostenbelastung für den Umgangselternteil unzumutbar ist und die Ausübung des Umgangs deshalb scheitern würde, kann der andere Elternteil an den Kosten beteiligt werden. Dies wird im Rahmen des Kindesunterhalts umgesetzt, indem der vom Umgangselternteil zu zahlende Kindesunterhalt um einen angemessenen Betrag reduziert wird.
Kostenbeteiligung des anderen Elternteils bei "erweitertem Umgang"
- Entlastung durch Betreuungsleistung: Beim erweiterten Umgang erbringt der Umgangselternteil zusätzliche Betreuungsleistungen, die den hauptbetreuenden Elternteil auch finanziell entlasten. Dieser Umstand wird durch eine Herabstufung des Kindesunterhalts berücksichtigt. Der unterhaltsverpflichtete Umgangselternteil muss also bei einem erweiterten Umgang in der Regel weniger Kindesunterhalt zahlen.
Berücksichtigung von Umgangskosten im Sozialrecht
- Sozialrechtlicher Mehrbedarf: Bezieht der Umgangselternteil Sozialhilfe, können notwendige Fahrtkosten zur Ausübung des Umgangs als sozialrechtlicher Mehrbedarf anerkannt werden.
- Zusätzlicher Wohnraumbedarf: Der Umgangselternteil kann höhere Wohnkosten, die durch eine Ausübung des Umgangs entstehen, als zusätzlichen Wohnraumbedarf geltend machen.
- Bürgergeld für das Kind: Hinsichtlich der sonstigen Lebenshaltungskosten während des Umgangs kann das Kind als Mitglied einer temporären Bedarfsgemeinschaft anteiliges Bürgergeld erhalten.
Welche Entscheidungen darf der Elternteil während des Umgangs allein treffen?
Alleinentscheidungsbefugnis des umgangsberechtigten Elternteils in Betreuungsangelegenheiten
Während des Umgangs kann der Elternteil, bei dem sich das Kind aufhält, Entscheidungen in Angelegenheiten der tatsächlichen Betreuung allein treffen. Dies gilt unabhängig davon, ob der Elternteil sorgeberechtigt ist oder nicht. Diese Alleinentscheidungsbefugnis des Umgangselternteils ist notwendige Voraussetzung dafür, den Tagesablauf mit dem Kind selbstständig gestalten zu können. Damit das Kind einen beständigen Tagesablauf hat, kann es jedoch sinnvoll und sogar erforderlich sein, sich mit dem anderen Elternteil abzusprechen.
Alleinentscheidungsbefugnis in Notfällen
In Notfällen darf der umgangsberechtigte Elternteil auch alle anderen Entscheidungen für das Kind ohne Mitwirkung des anderen Elternteils treffen. Ein solcher Notfall liegt vor, wenn im Einzelfall angesichts der zu erwartenden Gefährdung des Kindeswohls ausnahmsweise das Einholen einer Entscheidung des anderen Elternteils nicht mehr möglich ist. Voraussetzung ist, dass dem Kind Nachteile von erheblichem Ausmaß drohen, deren Abwendung ein sofortiges Eingreifen erforderlich macht. Ein Notfall liegt insbesondere bei unaufschiebbaren ärztlichen Eingriffen z. B. nach einem Unfall oder auf Reisen vor, wenn keine vorherige Kontaktaufnahme zum anderen Elternteil möglich ist.
Angelegenheiten der tatsächlichen Betreuung
Der Umgangselternteil kann während der Ausübung des Umgangs in folgenden Bereichen allein entscheiden:
Ernährung (Bsp.: Festlegung der Mahlzeiten, Essenszeiten)
Gestaltung des Tagesablaufes (Bsp.: Wann steht das Kind auf? Wie kommt das Kind zur Schule und wieder zurück? Wann geht das Kind schlafen?)
Medienkonsum (Bsp.: Welche Fernsehsendungen dürfen geschaut werden? Wann und wie lange darf das Handy genutzt werden?)
Bekleidung (Bsp.: Was zieht das Kind an? Welche Hygienestandards gelten dabei?)
Freizeitbeschäftigung (Bsp.: Womit beschäftigt sich das Kind während des Umgangs? Was unternehme ich mit meinem Kind?)
Kontakt zu Dritten (Bsp.: Mit wem darf sich das Kind während des Umgangs treffen und Kontakt haben?)
Gewöhnliche medizinische Versorgung (Bsp.: Behandlung häufig vorkommender Erkrankungen wie Erkältungen)
Reisen (Bsp.: Normale Urlaubsreisen des Umgangselternteils mit dem Kind während des Umgangs)
Was passiert, wenn sich die Eltern nicht über den Umgang einigen können?
Handlungsmöglichkeiten im Konfliktfall
Können Sie sich als Eltern nicht über den Umgang einigen, gibt es verschiedene Möglichkeiten, Unterstützung zu bekommen.
Eltern können sich bei der Ausgestaltung des Umgangs helfen lassen und die kostenlosen Beratungs- und Unterstützungsangebote von Familien- und Erziehungsberatungsstellen oder des Jugendamtes in Anspruch nehmen.
Gelingt eine Einigung über den Umgang trotz Beratung und Unterstützung nicht, können sich die Eltern an das Familiengericht wenden. Auch das Gericht wird zunächst darauf hinwirken, dass die Eltern eine einvernehmliche Regelung über den Umgang treffen, die dann vom Gericht gebilligt wird. Man spricht dann von einem gerichtlich gebilligten Vergleich, der genauso verbindlich ist, wie jede andere Entscheidung des Gerichts. Können sich die Eltern vor Gericht nicht einigen, entscheidet das Gericht nach einer Anhörung des Kindes und gegebenenfalls nach Einholung eines Sachverständigengutachtens über die Ausgestaltung des Umgangs. Es trifft dabei die Entscheidung, die unter Berücksichtigung der tatsächlichen Gegebenheiten, Möglichkeiten und berechtigten Interessen der Eltern dem Wohl des Kindes am besten entspricht (§ 1697a BGB ). Das Gericht regelt dann ganz konkret Art, Ort und Zeit des Umgangs.
Eltern-Tipp:
Vorgehen im Konfliktfall
Kriterien für die gerichtliche Umgangsregelung
Bei der Entscheidung über eine passende Umgangsregelung zieht das Familiengericht vor allem die folgenden Kriterien heran...
- Kindeswohl und Kindeswille
- bisherige Intensität der Beziehung zwischen dem Kind und dem Umgangselternteil und seine Vertrautheit mit diesem
- Alter, Entwicklungsstand und Gesundheit sowie das Zeitempfinden des Kindes
- räumliche Entfernung zwischen den Elternhäusern
Weitere Informationen zur gerichtlichen Ausgestaltung des Umgangs finden Sie hier:
PDF herunterladenMöchten Sie mehr zum familiengerichtlichen Umgangsverfahren erfahren?

Der Umgang kann im Zweifel durch das Familiengericht geregelt werden
Was passiert bei Konflikten zwischen den Eltern bezüglich der Ausübung des Umgangs?
Unterschiedliche Streitfälle
Bei der Ausübung des Umgangs können Eltern über unterschiedliche Aspekte in Streit geraten.
Es kann Streit über eine bestehende Umgangsregelung auftreten, wenn z. B. ein Elternteil etwas an der bestehenden Vereinbarung ändern möchte, der andere Elternteil sich aber dagegen sträubt.
Daneben kann Streit entstehen, wenn der hauptbetreuende Elternteil den Umgang des Kindes mit dem umgangsberechtigten Elternteil boykottiert, den Umgang also erschwert oder gar ganz verhindert.
Welche Handlungsmöglichkeiten in solchen Streitfällen bestehen und wann ein Umgang durch das Familiengericht eingeschränkt oder ausgeschlossen werden kann, erklärt der folgende Abschnitt.

Die Ausübung einer festgelegten Umgangsregelung kann zu Streit führen
Was passiert, wenn Streit über eine bestehende Umgangsregelung auftritt?
Konfliktlösung mit Hilfe kostenloser Beratungs- und Unterstützungsangebote
Bei einem Konflikt über eine bestehende Umgangsregelung können Sie jederzeit (erneut) die kostenlosen Beratungs- und Unterstützungsangebote des Jugendamts oder von Familien- und Erziehungsberatungsstellen in Anspruch nehmen. Dadurch kann der Streit häufig entschärft und gegebenenfalls eine (neue) einvernehmliche Lösung gefunden werden.
Antrag beim Familiengericht
Gelingt es nicht, den Konflikt zu lösen, kann auf Antrag eines Elternteils das Familiengericht eingeschaltet werden. Hier ist zu unterscheiden, ob Streit über eine außergerichtliche oder gerichtliche Umgangsregelung entsteht.
Streit über eine außergerichtliche Umgangsvereinbarung: Besteht Streit über eine außergerichtliche Umgangsvereinbarung, kann ein Antrag beim Familiengericht zur Bestätigung der Elternvereinbarung oder zur Neuregelung des Umgangs gestellt werden.
Streit über eine gerichtliche Umgangsregelung: Besteht Streit über eine Umgangsregelung, die vor Gericht getroffen (gerichtlich gebilligte Umgangsregelung) oder vom Gericht festgelegt wurde, dann bestehen mehrere Optionen: Ein Vermittlungsverfahren vor dem Familiengericht nach § 165 FamFG oder ein Antrag auf Änderung der gerichtlichen Umgangsregelung gemäß § 1696 Absatz 1 Satz 1 BGB .
Was passiert, wenn der Umgang des Kindes mit dem umgangsberechtigten Elternteil verhindert wird?
Gegenseitige Wohlverhaltenspflicht der Eltern
Für beide Elternteile besteht eine gegenseitige Wohlverhaltenspflicht gemäß § 1684 Absatz 2 BGB . Danach haben sie alles zu unterlassen, was das Verhältnis zum anderen Elternteil beeinträchtigt. Das Gesetz legt den Eltern damit eine Pflicht zu wechselseitig loyalem Verhalten bei der Ausübung des Umgangs auf. Dazu gehört auch, dass der hauptbetreuende Elternteil ggf. erzieherisch auf das Kind einwirkt und es zur Wahrnehmung des Umgangs aktiv motiviert. Verhindert oder stört der hauptbetreuende Elternteil den Umgang zwischen dem Kind und dem umgangsberechtigten Elternteil, verletzt er damit seine Wohlverhaltenspflicht. Wie Übergaben und Wechsel zwischen den Eltern gelingen können, erfahren Sie hier:
Ablehnung des Umgangs durch das gemeinsame Kind
Das gemeinsame Kind trifft anders als seine Eltern keine Pflicht zum Umgang.
Deshalb liegt keine Verletzung der Wohlverhaltenspflicht durch den betreuenden Elternteil vor, wenn die Weigerung zum Umgang allein vom Kind ausgeht und der Kindeswille aufgrund des Alters oder der Reife des Kindes beachtlich ist. Lehnt das Kind den Umgang entschieden ab und ist anzunehmen, dass die Missachtung des Kindeswillens das Wohl des Kindes verletzt, wird der Umgang durch das Gericht ausgesetzt oder ausgeschlossen.
Störung des Umgangs durch hauptbetreuenden Elternteil
Kommt es doch dazu, dass der Umgang des Kindes mit dem umgangsberechtigten Elternteil durch den hauptbetreuenden Elternteil unberechtigterweise gestört oder sogar verhindert wird, kann dies unter Umständen rechtliche Konsequenzen haben:
Anordnungen zur Erfüllung der Wohlverhaltenspflicht
Das Familiengericht kann die Eltern durch Anordnungen zur Erfüllung der Wohlverhaltenspflicht anhalten. Dazu gehört z. B. auch die Anordnung, dass dem Kind beim Wechsel zum Umgangselternteil alle notwendigen Kleidungsstücke mitgegeben werden (etwa Sportkleidung, wenn während des Umgangs entsprechende Freizeitaktivitäten stattfinden sollen).
Anordnung einer Umgangspflegschaft
Verhindert der hauptbetreuende Elternteil wiederholt oder dauerhaft den Umgang des Kindes mit dem anderen Elternteil oder verletzt er sonst in erheblicher Weise seine Wohlverhaltenspflicht, kann das Gericht nach § 1684 Absatz 3 Satz 3 BGB eine Umgangspflegerin oder einen Umgangspfleger einsetzen. Diese oder dieser stellt dann die Durchführung des Umgangs sicher. Nähere Informationen zur Umgangspflegschaft finden Sie hier:
Zwangsweise Durchsetzung der Umgangsregelung
Bei einer erheblichen Verletzung der Wohlverhaltenspflicht können auch Ordnungsmittel gegen den hauptbetreuenden Elternteil gerichtlich festgesetzt werden.
Übertragung der elterlichen Sorge auf den anderen Elternteil
Bei einer nachhaltigen Verhinderung des Umgangs durch den hauptbetreuenden Elternteil kann auch eine Übertragung der elterlichen Sorge auf den anderen Elternteil in Betracht kommen.
Schadensersatz bei Umgangsboykott
Hat ein Elternteil in Erwartung des Umgangs Aufwendungen getätigt (z. B. einen Urlaub gebucht, Eintrittskarten für eine Veranstaltung erworben) und wird der Umgang dann vom anderen Elternteil vereitelt, so hat der umgangsberechtigte Elternteil Anspruch auf Schadensersatz für getätigte Ausgaben oder Ersatz der Umbuchungs-/Stornierungskosten.
In welchen Fällen kann der Umgang durch das Familiengericht ausgeschlossen oder eingeschränkt werden?
Einschränkung des Umgangs
Eine Einschränkung des Umgangs kommt nur ausnahmsweise in Betracht, wenn dies für das Kindeswohl erforderlich ist. Erforderlich ist eine Einschränkung des Umgangs, wenn ohne die zu treffende Maßnahme das Kindeswohl erheblich beeinträchtigt werden würde. Gleichzeitig soll die Anordnung einer zeitlich begrenzten Umgangseinschränkung dabei helfen, nach dem Ende der Maßnahme einen umfassenden und konfliktfreien Umgang wieder zu ermöglichen.
Folgende Maßnahmen kommen in Betracht:
- zeitliche Beschränkung des Umgangs
- örtliche Beschränkung des Umgangs (z. B. Umgang an einem neutralen Ort)
- Anordnung eines begleiteten Umgangs (§ 1684 Absatz 4 Satz 3 BGB )
Begleiteter Umgang
Beim begleiteten Umgang darf der persönliche Kontakt zum Schutze des Kindes nur in Anwesenheit eines mitwirkungsbereiten Dritten stattfinden (sog. Umgangsbegleiterin oder Umgangsbegleiter). Dies kann entweder ein Dritter sein, den die Eltern vorschlagen und der sich hierfür bereit erklärt hat oder Mitarbeitende des Jugendamtes, des Kinderschutzbundes oder anderer freier Träger der Jugendhilfe. Die Umgangsbegleiterin oder der Umgangsbegleiter hat keine Entscheidungskompetenzen über die Ausgestaltung des Umgangs. Diese ist vom Gericht konkret vorzugeben.
Ausschluss des Umgangs bei Kindeswohlgefährdung
Ein Umgangsausschluss erfolgt nur in Ausnahmefällen.
Ein solcher Ausnahmefall liegt vor, wenn eine Gefahr für die körperliche oder seelische Gesundheit des Kindes besteht und kein milderes Mittel für die Aufrechterhaltung des Umgangs in Betracht kommt. Deshalb wird vom Familiengericht immer zuerst geprüft, ob statt eines Ausschlusses eine Einschränkung des Umgangs möglich ist.
Hier finden Sie Beispiele aus der Rechtsprechung, in denen der Umgang eingeschränkt oder ausgeschlossen wurde:
PDF herunterladenQuellen & Links
Mehr zum Thema
Hier finden Sie Informationen zu Quellen der Inhalte dieser Seite und Links zu vertiefenden Informationen.
Quellen
Als Quellen wurden unter anderem verwendet:
Duderstadt, J. (2018). Familienrecht heute. Kindschaftsrecht. Erich Schmidt Verlag.
Gerhardt, P., Heintschel-Heinegg, B. v., Klein, M. (2021). Handbuch Familienrecht. Wolters Kluwer.
Schumann, E. (2018). Gemeinsam getragene Elternverantwortung nach Trennung und Scheidung – Reformbedarf im Sorge-, Umgangs- und Unterhaltsrecht? in: Verhandlungen zum 72. Deutschen Juristentag, hrsg. von der Ständigen Deputation des Deutschen Juristentages, Bd. 1. C.H.Beck.
Völker, M., Clausius, M. (2021). Sorge- und Umgangsrecht. Handbuch für die familienrechtliche Praxis. Rechtsgrundlagen, Erläuterungen, Muster. Nomos.
Wichtige Gerichtsentscheidungen:
BVerfG 17.2.2022 – 1 BvR 743/21 (Verfassungsmäßigkeit der elterlichen Pflicht zum Kindesumgang)
BVerfG 5.2.2002 – 1 BvR 2029/00 (Mitwirkungspflicht des hauptbetreuenden Elternteils zur Ermöglichung des Umgangs)
BGH 1.2.2017 - XII ZB 601/15 (Kriterien zur gerichtlichen Anordnung eines paritätischen Wechselmodells als Umgangsregelung)
Weitere Informationen
Links zum Thema:
Broschüre des Bundesministeriums der Justiz zum Kindschaftsrecht (Stand: 2022)
Broschüre des Landes NRW zum Sorge- und Umgangsrecht (Stand: 2019)
Familienportal des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend mit FAQs zum Sorgerecht, Umgangsrecht & Namensrecht
FAQs des Bundesministeriums der Justiz zum Umgangsrecht in der Coronakrise
Kindeswohl & Kindeswille
Berücksichtigung von Kindeswohl & Kindeswillen
Bei der Ausgestaltung und der Ausübung des Umgangs sind das Wohl und der Wille des gemeinsamen Kindes zu berücksichtigen. Worauf Sie als Eltern achten sollten, erfahren Sie auf der folgenden Unterseite.
Umgangsverfahren
Verfahren vor dem Familiengericht
Werden sich die Eltern über die Umgangsregelung nicht einig oder entsteht Streit über die Ausübung des Umgangs, kann das Familiengericht eingeschaltet werden. Wie ein solches Umgangsverfahren abläuft, erfahren Sie hier.
Umgang gestalten
Ausgestaltung des Umgangs
Warum ist Umgang wichtig für das Kind und die Eltern? Was sollte beim Wechsel zwischen den Eltern beachtet werden? Wie kann der Umgang möglichst positiv gestaltet werden? Das und mehr erfahren Sie auf der folgenden Unterseite.