Trennung nach Partnerschaftsgewalt
aktualisiert am 31.01.24 von Stefanie Amberg, Prof. Dr. Heinz Kindler, Dr. Janin Zimmermann Entwicklungs- und Familienpsychologie, Deutsches Jugendinstitut und Ludwig-Maximilians-Universität München
Was erwartet Sie auf dieser Seite?
Hier finden Sie Anworten auf die folgenden Fragen:
- Was ist Partnerschaftsgewalt?
- Was bedeutet das Miterleben von Partnerschaftsgewalt für Kinder?
- Was kann ich tun, wenn ich Gewalt durch den anderen Elternteil erlebt habe?
- Was kann ich tun, wenn ich Gewalt gegenüber dem anderen Elternteil ausgeübt habe?
Was ist Partnerschaftsgewalt?
Partnerschaftsgewalt beschreibt Gewalt, die in bestehenden Beziehungen oder zwischen getrennten Paaren auftritt. Sie kann verschiedene Formen annehmen:
- Körperliche Gewalt (z.B. schlagen, treten, schubsen)
- Psychische Gewalt (z.B. demütigen, drohen, Kontakte zu Freunden und Verwandten einschränken)
- Sexualisierte Gewalt (z.B. Zwang zu sexuellen Handlungen, Vergewaltigung)
- Finanzielle/ökonomische Gewalt (z.B. Zugang zum gemeinsamen Konto sperren, Zugang zum Haushaltseinkommen verwehren)
- Stalking (z.B. mit Anrufen terrorisieren, verfolgen, Unwahrheiten über den anderen verbreiten, in die Privatsphäre eindringen)
Partnerschaftsgewalt
Allen Formen von Gewalt ist gemeinsam, dass sie Grenzen verletzen, und dass das Erleiden von Gewalt mit negativen Folgen für die körperliche und psychische Gesundheit (z. B. anhaltende Bedrohungsgefühle, Hilflosigkeitsgefühle, Angst) verbunden sein kann. Gewalterfahrungen führen häufig zu einem bedeutsamen Vertrauensverlust zwischen den (Ex-)Partnern. Zudem ist das Miterleben von Partnerschaftsgewalt für Kinder in der Regel sehr belastend.
Sie suchen Hilfe bei Gewalt?
Mit einer Trennung ist oft die Absicht verbunden, die Gewalterfahrungen zu beenden. In vielen Fällen setzt sich die Gewalt nach der Trennung jedoch zunächst fort oder eskaliert sogar. Bei gemeinsamen Kindern muss nach einer Trennung gut abgewogen werden, ob und in welcher Form Kontakte der Kinder zu einem gewaltausübenden Elternteil stattfinden können, und ob eine weitere Zusammenarbeit der Eltern zumutbar und sicher ist. Der Schutz des gewaltbetroffenen Elternteils und der Kinder vor weiteren Gewalterfahrungen muss hierbei im Vordergrund stehen. Gleichzeitig sollten aber auch mögliche Kontaktbedürfnisse der Kinder gegenüber einem gewaltausübenden Elternteil berücksichtigt werden, soweit dies möglich ist.
Wichtig ist: Es gibt Möglichkeiten, um mit dieser schwierigen Situation umzugehen und Hilfsangebote zur Unterstützung. Weitere Informationen dazu finden Sie auf dieser Seite.
Was bedeutet das Miterleben von Partnerschaftsgewalt für Kinder?
Folgen von Partnerschaftsgewalt für Kinder
Miterleben von Gewalt
Das Miterleben von Gewalt zwischen den Eltern kann für Kinder schwerwiegende negative Folgen haben. Bereits eine einmalige Situation, in der ein Kind sieht oder hört, wie ein Elternteil den anderen schlägt oder Gewalt androht, kann stark verunsichern. Gleiches gilt, wenn Kinder Folgen der Gewalt (z.B. Verletzungen) wahrnehmen. Je häufiger Kinder solche Situationen mitbekommen, je heftiger die Gewalt ist und je mehr sie eingebettet ist in ein Muster aus Kontrolle und Demütigung, umso wahrscheinlicher wirkt sich dies negativ auf die Entwicklung und psychische Gesundheit von Kindern aus.
Kind tröstet Elternteil
Hier sehen Sie eine Übersicht zu den häufigsten Folgen von miterlebter Partnerschaftsgewalt bei Kindern:
Auffälligkeiten im Erleben und Verhalten
Kinder, die Gewalt zwischen ihren Eltern miterleben mussten, zeigen häufiger:
- Emotionale Probleme (z.B. anhaltende Niedergeschlagenheit, Ängste, sozialer Rückzug, Verlust von Interessen)
- Verhaltensprobleme (z.B. starke Wutausbrüche, aggressives Verhalten, Alkohol- oder Drogenkonsum)
- Psychosomatische Auffälligkeiten (z.B. Schlafprobleme, Einnässen, Kopf- oder Bauchschmerzen)
Verzögerung in der Entwicklung und Lernschwierigkeiten
Das Miterleben von Partnerschaftsgewalt kann negative Auswirkungen auf die Lernbereitschaft, Merkfähigkeit und Konzentrationsfähigkeit von Kindern haben. Dies kann Entwicklungsrückstände (z.B. verlangsamte sprachliche oder kognitive Entwicklung) und Schulschwierigkeiten zur Folge haben.
Traumatisierung
Nach miterlebter Partnerschaftsgewalt entwickeln manche Kinder eine posttraumatische Belastungsstörung (PTBS). Eine PTBS kann sich bei Kindern z.B. darin äußern, ...
- dass sie die beängstigenden Situationen innerlich immer wieder durchleben. Das heißt, dass sie z.B. lebhafte Erinnerungen haben, die sie nicht kontrollieren können, sie unter Albträumen leiden oder in Situationen, die sie an das belastende Ereignis erinnern, starke Stressreaktionen zeigen.
- dass Kinder starkes Vermeidungsverhalten zeigen, um negative Erfahrungen und unkontrollierte Erinnerungen zu verhindern. Das heißt, dass sie sich z.B. ständig allein in ihr Zimmer zurückziehen, sich bei ihren Bezugspersonen anklammern oder sich nicht mehr von ihnen trennen wollen.
- dass Kinder übermäßig erregt, ängstlich und angespannt sind. Das heißt, dass sie z.B. auf einmal sehr schreckhaft, wachsam oder sehr reizbar sind, starke Stimmungsschwankungen zeigen oder unter Konzentrationsproblemen bzw. Schlafproblemen leiden.
Verunsicherung der Eltern-Kind-Beziehung
Miterlebte Partnerschaftsgewalt kann sich negativ auf die Beziehungen von Kindern zu ihren Eltern auswirken. Vor allem das Vertrauensverhältnis zu dem Elternteil, der Gewalt ausgeübt hat, wird oft stark erschüttert. Manche Kinder empfinden große Wut oder sogar Hass auf den Elternteil. Andere Kinder entwickeln Angst vor dem Elternteil.
Nicht selten kommt es auch zu Verunsicherungen in der Beziehung der Kinder zu dem Elternteil, der Gewalt erfahren hat. Manche Kinder trauen sich z.B. nicht mehr, sich bei Kummer und bei Problemen an den Elternteil zu wenden, weil sie ihn nicht zusätzlich belasten wollen, sondern ziehen sich eher zurück und verschließen sich.
Verhalten in sozialen Beziehungen
Kinder orientieren sich an Verhaltensweisen, die sie bei ihren Eltern beobachten. Manche Kinder übernehmen Gewalt als Strategie, um Konflikte mit Gleichaltrigen zu lösen. Zudem haben Kinder, die Gewalt miterlebt haben, häufiger Schwierigkeiten, Gefühle wie Ärger und Wut angemessen auszudrücken und damit umzugehen. Dies kann beeinflussen, wie sie sich in sozialen Beziehungen verhalten. Beispielsweise haben sie häufiger Schwierigkeiten beim Aufbau von Freundschaften mit Gleichaltrigen. Erste Liebesbeziehungen im Jugendalter verlaufen konflikthafter und im Erwachsenenalter haben sie ein erhöhtes Risiko, entweder selbst in Partnerschaften Gewalt anzuwenden oder Gewalt zu erfahren.
Eltern-Tipp
Wenn Sie entsprechende Auffälligkeiten bei Ihrem Kind bemerken, suchen Sie möglichst frühzeitig fachliche Unterstützung!
Wie können Kinder unterstützt werden, die Partnerschaftsgewalt miterlebt haben?
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, wie Kinder nach dem Miterleben von Partnerschaftsgewalt unterstützt werden können:
Kinder vor weiterer Gewalt schützen
Der wichtigste Schritt ist, alles zu tun, um Kinder vor weiteren Gewalterfahrungen zu schützen. Für eine gesunde Entwicklung brauchen Kinder positive Beziehungen zu ihren Bezugspersonen, in denen sie sich sicher und geborgen fühlen. Was Sie hierfür tun können, erfahren Sie weiter unten auf der Seite.
Gespräche anbieten
Wenn es in der Familie zu Gewalt gekommen ist, ist es wichtig, dass Eltern mit ihren Kindern darüber sprechen. Wenn Eltern so tun, also ob nichts passiert ist, werden Kinder mit der Situation allein gelassen und bekommen das Gefühl vermittelt, über für sie wichtige Erlebnisse nicht sprechen zu dürfen. Oft haben Eltern jedoch Hemmungen, mit ihren Kindern über die Situation zu sprechen, z.B. aus Scham, weil sie ihre Kinder nicht belasten wollen oder selbst mit der Situation überfordert sind. Fachliche Unterstützung kann dabei helfen, die richtigen Worte zu finden.
Gewalterfahrungen sind für Kinder meist sehr verunsichernd. Häufig wissen Kinder auch nicht, was diese Erfahrungen für die Beziehungen mit ihren Eltern bedeuten. Manche fragen sich, ob sie den gewaltausübenden Elternteil jetzt eigentlich noch liebhaben dürfen, oder ob sie Angst um den anderen Elternteil haben müssen. Einige Kinder fühlen sich schuldig und denken z. B.: „Mama war sauer auf Papa, weil ich nicht aufgeräumt habe“ oder „ich hätte die Mama besser beschützen müssen“.
Kinder sollten mit ihren Ängsten und Fragen nicht allein gelassen werden. Versichern Sie Ihren Kindern, dass sie für das, was passiert ist, nicht verantwortlich sind. Bieten Sie Trost an und versuchen Sie, offen für die Fragen Ihrer Kinder zu sein, und auf diese einzugehen. Beide Elternteile sollten den Kindern erklären, was sie tun, um weitere Gewalt zu verhindern. Mit Kindern in dieser Weise über Gewalt zu sprechen, die sich ereignet hat, ist notwendig und verletzt daher nicht die Wohlverhaltenspflicht nach § 1684 Absatz 2 BGB .
Manchmal sind Eltern für ein solches Gespräch selbst noch zu belastet oder die Kinder lehnen ein Gespräch ab. Es kann in diesen Situationen hilfreich sein, wenn Kinder die Möglichkeit bekommen, mit Personen außerhalb der Familie zu sprechen (z.B. andere Verwandte, die Vertrauenslehrkraft, eine Fachkraft im Jugendamt oder einer Beratungsstelle). Sie können Ihr Kind unterstützen, indem Sie den Kontakt herstellen.
Professionelle Unterstützungsangebote nutzen
Es gibt verschiedene Unterstützungsangebote für Kinder, die Gewalt in der Familie erlebt haben:
Kindergruppen
Hier können Kinder lernen, ihre Gefühle kreativ auszudrücken, und hören zusammen mit anderen betroffenen Kindern, wie sie mit ihren Erfahrungen umgehen können. Dies kann entlastend wirken und die Kinder stärken.
Psychotherapie
Auffälligkeiten und Belastungsanzeichen nach miterlebter Partnerschaftsgewalt können in jedem Alter auftreten, auch schon bei Säuglingen und Kleinkindern. Wenn Sie Belastungsanzeichen bei Ihrem Kind wahrnehmen, ist es ratsam, frühzeitig fachliche Hilfe in Anspruch zu nehmen, um abzuklären, ob Ihr Kind psychotherapeutische Unterstützung braucht.
Förderung der Entwicklung
Wenn Kinder Rückstände in der Entwicklung, Probleme in der Schule oder Schwierigkeiten im Umgang mit Gleichaltrigen zeigen, können bestimmte Förderangebote hilfreich sein, wie z.B. heilpädagogische Angebote, Angebote zur Förderung der sprachlichen Entwicklung (Logopädie), Gruppenangebote zur Förderung von sozialen Kompetenzen oder die Einbindung der Kinder in Freizeitaktivitäten, etwa in einem Familienzentrum oder einen Sportverein.
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Was kann ich tun, wenn ich Gewalt durch den anderen Elternteil erlebt habe?
Belastung durch Gewalt
Erfahrungen von körperlicher Gewalt, Bedrohung und Demütigung sind verletzend und beängstigend. Fragen und Unsicherheiten sowie ein Wunsch nach Beistand und Unterstützung sind in dieser Situation normal und angemessen. Im Folgenden finden Sie Antworten auf Fragen, die sich betroffene Eltern in der Situation häufig stellen. Art und Ausmaß der Gewalt, das Risiko erneuter Gewalt, das Ausmaß der Belastung von Betroffenen und die Bedürfnisse von Eltern und Kindern unterscheiden sich von Familie zu Familie allerdings sehr stark. Diese Seite kann nur allgemeine Empfehlungen geben, worauf Sie achten können, was mögliche Lösungen sind und wo Sie Hilfe finden. Für die konkrete Einschätzung Ihrer Situation sollten Sie sich fachliche Unterstützung suchen.
Schutz vor Gewalt
Wie kann ich mich und meine Kinder vor weiterer Gewalt schützen?
Partnerschaftsgewalt endet nicht immer mit der Trennung. Vor allem, wenn es vor der Trennung über einen längeren Zeitraum wiederholt zu Gewalt durch den anderen Elternteil gekommen ist, kann ein bedeutsames Risiko für die Fortsetzung von Partnerschaftsgewalt bestehen. Insbesondere während der Trennungsphase kann es zu einer Eskalation der Gewalt kommen. Zudem kann auch ein erhöhtes Risiko bestehen, dass der andere Elternteil Gewalt gegenüber den Kindern ausübt.
Dies sollte allerdings kein Grund sein, in einer gewalttätigen Beziehung zu verbleiben. Es gibt spezialisierte Beratungsstellen, an die Sie sich wenden können, wenn Sie mit erneuter Gewalt rechnen oder unsicher sind, wie Sie das Risiko für sich und Ihre Kinder einschätzen sollen. Sie erhalten dort Informationen, wie Sie sich und Ihre Kinder am besten schützen können. Scheuen Sie sich nicht, sich Hilfe zu holen!
- Es gibt kostenfreie, auf das Thema Gewalt spezialisierte Beratungsstellen, Hilfe-Telefone und Online-Beratungsangebote. Diese Stellen können Sie dazu beraten, was in Ihrer Situation helfen kann, um weitere Gewalt zu verhindern.
- Frauen, die von häuslicher Gewalt bedroht sind, können gemeinsam mit ihren Kindern vorübergehend Schutz in einem Frauenhaus suchen. Viele Frauenhäuser beteiligen die Frauen zu einem gewissen Umfang an den Kosten der Unterbringung. Wenn Frauen die Mittel nicht aufbringen können, kann eine Übernahme der Kosten über das Sozialamt ermöglicht werden.
- Zudem können sich Betroffene an das Familiengericht wenden, um Schutzanordnungen wie ein Näherungs- und Kontaktverbot zu beantragen.
- Bei einer akuten Bedrohung sollten Sie sich mit dem Notruf 110 an die Polizei wenden.
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Was ist zu beachten, wenn ich bei der Trennung die Kinder mitgenommen habe?
Falls Sie aufgrund von Gewalt gemeinsam mit Ihren Kindern von zu Hause ausgezogen sind, ohne dies vorher mit dem anderen Elternteil abgestimmt zu haben, sollten Sie umgehend Kontakt mit dem Jugendamt aufnehmen. Dies ist wichtig, da der andere Elternteil einem Wohnortwechsel zustimmen muss, wenn Sie das gemeinsame Sorgerecht für Ihre Kinder haben. Stimmt der andere Elternteil einem Aufenthalt der Kinder bei Ihnen nicht zu, können Sie zur Regelung des Lebensmittelpunkts der Kinder beim Familiengericht einen Antrag auf Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts auf sich stellen.
Im Bereich „Trennung rechtlich durchdenken“ finden Sie weitere Informationen zum Aufenthaltsbestimmungsrecht und wann dieses Recht auf einen Elternteil übertragen werden kann.
Was ist bei Kontakten der Kinder mit dem anderen Elternteil zu beachten?
Wenn bei einem Gewaltvorfall (ob vor, während oder nach der Trennung) die Polizei verständigt wurde, kann sie den gewaltausübenden Elternteil aus der Wohnung weisen, ein Rückkehrverbot aussprechen oder ihn in Gewahrsam nehmen. Zudem wird von der Polizei bei Anwesenheit von Kindern in der Regel auch das Jugendamt informiert, damit es Maßnahmen ergreifen kann, um den Schutz der Kinder sicherzustellen. Diese Maßnahmen umfassen vor allem Beratungsangebote oder begleitete Umgangskontakte. In Notfällen sind auch vorübergehende Fremdunterbringungen zum Schutz von Kindern angemessen.
Viele Elternteile, die in der Vergangenheit Gewalt durch den anderen Elternteil erfahren mussten, wollen diesem nach der Trennung am liebsten nie wieder begegnen. Manchmal trifft dies auch auf die Kinder zu. Manche Kinder haben allerdings, trotz der negativen Erfahrungen, eine grundlegend positive Beziehung zum anderen Elternteil, vermissen diesen und wünschen sich weiterhin Kontakte. Hier ist es wichtig, neben den Wünschen und Bedürfnissen der Kinder auch den Schutz der Kinder im Blick zu haben.
Manchmal bestehen (weiterhin) ernstzunehmende Zweifel, ob es den Kindern beim anderen Elternteil gut geht. Wenn Sie die Befürchtung haben, dass der andere Elternteil bei Übergaben oder Kontakten Ihnen oder den Kindern gegenüber Gewalt ausüben könnte, sollten Sie sich unbedingt mit dem Jugendamt in Verbindung setzten und sich beraten lassen, wie Ihr eigener Schutz und der Schutz der Kinder sichergestellt werden kann. In manchen Fällen kann es sinnvoll und notwendig sein, dass Kontakte oder Übergaben für eine gewisse Zeit nur begleitet stattfinden oder Kontakte sogar für eine gewisse Zeit ganz ausgeschlossen werden.
Sie möchten mehr zum begleiteten Umgang erfahren?
Im Bereich „Trennung rechtlich durchdenken“ finden Sie zudem wichtige Informationen zum Umgangsrecht und unter welchen Voraussetzungen eine Beschränkung oder ein Ausschluss des Umgangs möglich ist.
Wie soll eine Zusammenarbeit mit dem anderen Elternteil jetzt noch möglich sein?
Erfahrungen von körperlicher Gewalt, Drohungen oder massiven Beschimpfungen können dazu führen, dass man Angst hat, nach der Trennung mit dem anderen Elternteil zusammenzutreffen oder die eigene Meinung gegenüber dem anderen Elternteil zu vertreten, wenn es um Entscheidungen geht, die die Kinder betreffen. Auch kann der Wunsch entstehen, mit dem anderen Elternteil einfach nichts mehr zu tun zu haben. Solche Reaktionen sind völlig verständlich.
Wichtig: Ein Elternteil, der Gewalt ausübt, macht eine Zusammenarbeit unmöglich, nicht derjenige der zu Recht auf Schutz für sich selbst bzw. die Kinder besteht. Es liegt in der Verantwortung des Elternteils, der in der Vergangenheit Gewalt ausgeübt hat, ernsthaft zu zeigen, dass eine positive Veränderung eingetreten ist.
Eltern-Tipp
Sorgen Sie für sich selbst und zögern Sie nicht, sich Unterstützung zu suchen, um das Erlebte zu verarbeiten.
Die Wünsche und Bedürfnisse der Kinder können sich von denen ihrer Eltern aber unterscheiden. Manche Kinder wünschen sich nach der Trennung weiterhin Kontakt zu beiden Elternteilen, auch wenn sie Partnerschaftsgewalt miterlebt haben. Unter der Voraussetzung, dass für Sicherheit gesorgt werden kann und eine positive Beziehung zwischen dem Kind und dem Elternteil besteht, können solche Kontakte für Kinder bedeutsam sein und sich positiv auf ihr Wohlbefinden auswirken.
Um Kontakte für die Kinder umzusetzen, sind manche von Gewalt betroffene Elternteile zu einer gewissen Zusammenarbeit mit dem anderen Elternteil bereit. Manchmal ist dies aufgrund der Vorgeschichte einfach nicht möglich oder zumindest sehr schwierig. Manchmal können auch mit fachlicher Hilfe gute Lösungen gefunden werden. Fachliche Hilfe ist oft erforderlich, um schwierige Fragen zu Sicherheit, gewaltbedingter Belastung und notwendigen Veränderungsschritten des gewaltausübenden Elternteils zu besprechen. Beratungsstellen können bei der Erarbeitung einer schriftlichen Vereinbarung hilfreich sein. Teilweise wird aber auch die Verbindlichkeit eines familiengerichtlichen Verfahrens benötigt. Lassen Sie sich am besten beraten, welche Möglichkeiten es in Ihrer Situation gibt.
Sie möchten Tipps für mögliche Anlaufstellen?
Im Bereich „Trennung rechtlich durchdenken“ finden Sie weitere Informationen zum Thema schriftliche Vereinbarungen mit dem anderen Elternteil sowie Vorlagen zum Ausfüllen.
Was sind häufige Folgen von Partnerschaftsgewalt?
Gewalterfahrungen können sehr belastend und verunsichernd sein. Viele Betroffene entwickeln aufgrund der Erfahrungen Belastungsanzeichen und psychische Probleme. Die häufigsten Folgen sind...
- depressive Symptome (Anzeichen sind z.B. anhaltende Niedergeschlagenheit, Interessensverlust, Antriebslosigkeit, Schlaf- oder Konzentrationsprobleme, Suizidgedanken),
- Angststörungen (Anzeichen sind z.B. übermäßige, dauerhafte Ängste und Sorgen, Nervosität),
- posttraumatische Belastungsreaktionen (Anzeichen sind z.B. sich aufdrängende Erinnerungen oder Albträume, Bemühungen, Erinnerungen an das Erlebte zu vermeiden, anhaltende negative Gefühlszustände wie Wut, Scham und Angst, vermehrte Schreckhaftigkeit und Reizbarkeit) und
- psychosomatische Probleme (z.B. chronische Schmerzen, Verdauungsstörungen, Schlafprobleme).
Solche Belastungsreaktionen können die Lebensqualität erheblich einschränken und die Bewältigung des Alltags mit den Kindern kann zunehmend zur Herausforderung werden. Scheuen Sie sich nicht, Hilfe in Anspruch zu nehmen, um die belastenden Erfahrungen zu verarbeiten!
Was kann mir helfen, das Erlebte zu verarbeiten?
In vielen Städten und Gemeinden gibt es (Gruppen-)Angebote für Opfer von Partnerschaftsgewalt. Dort können Betroffene offen über ihre Erfahrungen sprechen, sich ggf. untereinander austauschen und sich gegenseitig unterstützen. Dies kann helfen, das Erlebte zu verarbeiten und wieder Stärke und Selbstsicherheit zurückzugewinnen. Bei starken Belastungsreaktionen und psychischen Problemen (s. Frage zuvor), kann es zudem wichtig sein, psychotherapeutische Hilfe in Anspruch zu nehmen, um die belastenden Erfahrungen zu verarbeiten.
Sie möchten sich über Beratungsangebote bei Gewalt oder psychotherapeutische Hilfe informieren?
Was kann ich tun, wenn ich Gewalt gegenüber dem anderen Elternteil ausgeübt habe?
Ratsuchender
Haben Sie während der Beziehung oder im Zuge der Trennung im Streit (wiederholt) die Kontrolle verloren und aus Wut Sachen des anderen Elternteils zerstört, ihn heftig beschimpft, ihm Gewalt angedroht oder ihn sogar verletzt? Möglicherweise war die Gewalt sogar der Grund, warum der andere Elternteil sich von Ihnen getrennt hat. Vielleicht wollen der andere Elternteil oder die Kinder deshalb gerade auch nicht, dass Sie die Kinder sehen. Wenn dies der Fall ist, ist diese Situation für Sie sicherlich sehr schmerzlich und Sie fragen sich wahrscheinlich, wie es dazu kommen konnte und was Sie jetzt tun können. Im Folgenden finden Sie einige erste Empfehlungen.
Ratsuchende
1
Verständnis für die Reaktionen der Kinder und des anderen Elternteils aufbringen
Gewalterfahrungen führen oft dazu, dass das Vertrauensverhältnis der anderen Familienmitglieder massiv erschüttert wird. Viele Betroffene entwickeln die - leider oft auch berechtigte - Erwartung, dass es in Konfliktsituationen erneut eskalieren könnte und fragen sich, wie groß die Gefahr erneuter Gewalt ist. Nach der Trennung wollen viele Betroffene dem anderen Elternteil deshalb möglichst aus dem Weg gehen und stehen auch Kontakten mit den Kindern häufig kritisch gegenüber. Zudem kann das Miterleben von Partnerschaftsgewalt dazu führen, dass auch die Kinder den Elternteil, der Gewalt ausgeübt hat, zeitweise nicht sehen wollen, da sie sehr wütend auf ihn sind, ihm Vorwürfe machen, oder sie tatsächlich Angst haben, dass er ihnen oder dem anderen Elternteil etwas antun könnte.
Eltern-Tipp
Um an der Situation etwas zu ändern, ist es zunächst wichtig, sich in die Lage Ihrer Kinder und des anderen Elternteils hineinzuversetzen, um für ihre Reaktionen Verständnis aufzubringen.
2
Verantwortung für das eigene Verhalten übernehmen
Wenn man in einer Partnerschaft Gewalt ausgeübt hat, ist es manchmal so, dass es aus der eigenen Sicht Gründe für den Gewaltausbruch gab, weil man sich z.B. ungerecht behandelt oder provoziert gefühlt hat. Manchmal haben vielleicht auch Stress oder Alkohol eine Rolle dabei gespielt, dass man im Konflikt die Kontrolle verloren hat. Trotzdem sind Sie für Ihre Handlungen selbst verantwortlich. Gewalt lässt sich nicht durch die Verhaltensweisen des anderen oder die Umstände rechtfertigen und stellt immer eine Verletzung der Grenzen des anderen dar.
Eltern-Tipp
Wenn Sie sich eine positive Beziehung zu Ihren Kindern wünschen, muss klar sein, dass Gewalt absolut tabu ist. Für eine positive Veränderung ist es notwendig, dass Sie sich mit Ihrem Verhalten kritisch auseinandersetzen und dafür Verantwortung übernehmen, statt es mit Verhaltensweisen des anderen Elternteils zu entschuldigen.
3
Das eigene Verhalten ändern
Es liegt in Ihrer Verantwortung, sich mit Ihrem Verhalten auseinanderzusetzen und das zerstörte Vertrauensverhältnis zu den Kindern und dem anderen Elternteil wiederaufzubauen, am besten mit professioneller Unterstützung.
Möchten Sie verhindern, dass Ihre Kinder erneut Gewalt miterleben und Wege finden, wie Sie Konflikte in Zukunft friedlich lösen können? Dann kann es sinnvoll sein, Beratung in Anspruch zu nehmen. Es gibt spezielle Beratungsangebote und Programme für Personen, die Gewalt in Partnerschaften ausgeübt haben. Dort lernt man, besser zu verstehen, warum und in welchen Situationen es zu Gewalt gekommen ist. Zudem werden Möglichkeiten besprochen oder eingeübt, wie man mit Konflikten besser umgehen kann und was man tun kann, wenn man wütend wird.
Sie möchten sich über Beratungsangebote für Täterinnen und Täter informieren?
Alkohol- und Drogenkonsum sowie psychische Probleme können dazu beitragen, dass man in Belastungssituationen schneller aggressiv reagiert. Möglicherweise hat dies auch bei Ihnen eine Rolle gespielt. Wenn Sie Ihr Verhalten nachhaltig ändern wollen, sollten Sie Hilfe in Anspruch nehmen, um diese Probleme zu bearbeiten, z.B. in Form von Suchtberatung oder Psychotherapie.
Sie möchten sich über psychotherapeutische Hilfe oder Suchtberatung informieren?
4
Das Vertrauen langsam im Rahmen von (begleiteten) Kontakten wiederaufbauen
Voraussetzungen für positive Umgangskontakte
Wichtige Voraussetzungen dafür, dass Kinder Umgangskontakte positiv erleben, werden Auf der Seite Kontakte und Übergaben gestalten beschrieben. Die wichtigsten Voraussetzungen finden Sie hier kurz zusammengefasst:
- Positive Eltern-Kind-Beziehung
d.h., dass es Eltern gelingt, die gemeinsame Zeit positiv für die Kinder zu gestalten und auf die Bedürfnisse ihrer Kinder einzugehen, so dass die Kinder gerne Zeit mit dem Elternteil verbringen
- Elterliche Kooperation
d.h. dass es den Eltern gelingt, die Kinder aus den elterlichen Konflikten herauszuhalten, und ein Mindestmaß an Zusammenarbeit mit dem anderen Elternteil zu ermöglichen.
- Unterstützung der Kontakte durch den anderen Elternteil
d.h., dass die Eltern die Beziehung und den Kontakt zum jeweils anderen Elternteil fördern und unterstützen können, wofür allerdings ein Mindestmaß an Vertrauen in den anderen Elternteil erforderlich ist.
Eine oder mehrere dieser Bedingungen sind nach Partnerschaftsgewalt jedoch häufig nicht gegeben. Kontaktregelungen können deshalb oft nicht ohne Weiteres umgesetzt werden. Um wieder Vertrauen aufzubauen, ist es wichtig, den Kindern und dem anderen Elternteil zu zeigen, dass man einen Fehler gemacht hat und an sich arbeitet, um etwas zu verändern. Reine Zusicherungen sind hier in der Regel nicht ausreichend, sondern es braucht Zeit und sichtbare Veränderungen. Um langfristig als Eltern wieder ins Gespräch miteinander zu kommen, kann es hilfreich sein, Elterngespräche in einer Beratungsstelle in Anspruch zu nehmen, bei denen eine neutrale Fachkraft zwischen den Eltern vermitteln und einen sachlichen Austausch unterstützen kann. Dies kann auch erst einmal in Form von Einzelgesprächen mit jedem Elternteil erfolgen.
Weiter kann es sinnvoll und notwendig sein, dass die Kontakte mit den Kindern für eine gewisse Zeit von einer Fachkraft begleitet werden. Dies kann den Kindern und dem anderen Elternteil vorerst die notwendige Sicherheit geben, um sich auf die Kontakte einzulassen. Die begleiteten Kontakte können Kindern helfen, schrittweise wieder Vertrauen und eine positive Beziehung aufzubauen. Zudem kann verhindert werden, dass es bei Übergaben zu Konflikten zwischen den Eltern vor den Kindern kommt.
Sie möchten mehr über den begleiteten Umgang wissen?
Allerdings ist ein begleiteter Umgang nicht für jede Situation geeignet. Manchmal sind Kinder oder ein Elternteil durch die Gewalterfahrungen so belastet, dass ihre Sicherheit und Stabilisierung erst einmal im Vordergrund stehen müssen. Auch wenn es sicher schwer ist, dies zu akzeptieren, ist es nicht hilfreich, in der Situation Druck auf die Kinder oder den anderen Elternteil auszuüben. Stattdessen kann es am besten sein, den Kindern Zeit zu geben und sich erst einmal darauf zu konzentrieren, das eigene ungünstige Verhalten mit fachlicher Hilfe zu bearbeiten, bevor man versucht, Kontakte allmählich wieder anzubahnen. Lassen Sie sich am besten im Jugendamt beraten, welches Vorgehen und welche fachlichen Hilfen in Ihrer Situation geeignet sind.
Quellen
Mehr zum Thema
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Quellen
Clemens, V., Plener, P. L., Kavemann, B., Brähler, E., Strauß, B. & Fegert, J. M [Jörg M.] (2019). Häusliche Gewalt: Ein wichtiger Risikofaktor für Kindesmisshandlung. Zeitschrift für Psychiatrie, Psychologie und Psychotherapie, 67(2), 92–99. https://doi.org/10.1024/1661-4747/a000377
Galano, M. M., Grogan-Kaylor, A., Clark, H. M., Stein, S. F. & Graham-Bermann, S. A. (2021). Examining the 8-Year Trajectory of Posttraumatic Stress Symptoms in Children Exposed to Intimate Partner Violence. Journal of interpersonal violence, 36(15-16), NP8454-NP8481. https://doi.org/10.1177/0886260519844280
Kindler, H. (2013). Partnergewalt und Beeinträchtigungen kindlicher Entwicklung: Ein aktualisierter Forschungsüberblick. In B. Kavemann & U. Kreyssig (Hrsg.), Handbuch Kinder und häusliche Gewalt (3. Aufl., S. 27–47). Springer Fachmedien Wiesbaden.
Meysen, T. & Lohse, K. (2021). Umgang in Fällen häuslicher Gewalt. In Meysen, Thomas, SOCLES International Centre (Hrsg.), Kindschaftssachen und häusliche Gewalt Umgang: Umgang, elterliche Sorge, Kindeswohlgefährdung, Familienverfahrensrecht (S. 18–45).
Rousson, A. N., Tajima, E. A., Herrenkohl, T. I. & Casey, E. A. (2022). Patterns of Intimate Partner Violence and the Harsh Parenting of Children. Journal of interpersonal violence, 8862605221087242. https://doi.org/10.1177/08862605221087242
Vu, N. L., Jouriles, E. N., McDonald, R. & Rosenfield, D. (2016). Children's exposure to intimate partner violence: A meta-analysis of longitudinal associations with child adjustment problems. Clinical psychology review, 46, 25–33. https://doi.org/10.1016/j.cpr.2016.04.003
Nichtendende Konflikte
Was kann man tun, wenn die Konflikte mit dem anderen Elternteil nicht enden wollen?
Setzen sich Konflikte nach der Trennung weiterhin lange Zeit fort, ist dies mit erheblichen emotionalen Belastungen für die Eltern und die Kinder verbunden. Erfahren Sie auf der folgenden Seite, was Sie tun können, um einen Weg aus den Konflikten zu finden und wie Sie Ihre Kinder vor den Konflikten schützen können.
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Was ist begleiteter Umgang und in welchen Situationen kann er hilfreich sein?
Manchmal ist es sinnvoll, wenn nach der Trennung eine neutrale Person die Kontakte zwischen einem Elternteil und den Kindern zeitweise begleitet. Erfahren Sie auf der folgenden Seite, in welchen Situationen ein begleiteter Umgang sinnvoll sein kann, wie man einen begleiteten Umgang einrichtet und wie die Termine ablaufen.
Mehr erfahrenEltern mit unfreiwilligem Kontaktabbruch
Was kann man bei ungewolltem Kontaktabbruch zu den Kindern tun?
Eltern leiden meist sehr darunter, wenn sie nach der Trennung keinen Kontakt zu ihren Kindern haben können. Welche Folgen ein Kontaktabbruch zu einem Elternteil für Kinder haben kann, welche Gründe es für Kontaktabbrüche gibt und was man in diesem Fall tun, kann erfahren Sie auf der folgenden Seite.
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