Folgen von Trennung und Scheidung für Kinder
aktualisiert am 31.01.24 von Dr. Ulrike Lux und Dr. Janin Zimmermann Entwicklungs- und Familienpsychologie, Ludwig-Maximilians-Universität München
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Hier finden Sie Antworten auf die folgenden Fragen:
- Welche Folgen hat eine Trennung für Kinder?
- Wie verarbeiten Kinder die Trennung?
- Wie reagieren Kinder auf die Trennung?
- Was beeinflusst, wie gut Kinder mit der Trennung klarkommen?
- Wie kann man Kinder bei der Bewältigung der Trennung unterstützen?
Welche Folgen hat eine Trennung für Kinder?
Normale Reaktionen auf die Trennung
Die Trennung der Eltern stellt für nahezu alle Kinder eine belastende Erfahrung dar. Es kommt in der Zeit für Kinder vieles zusammen: Das Auseinanderbrechen der Familie, das Miterleben von Konflikten zwischen den Eltern, Veränderungen in den alltäglichen Abläufen und der Verlust des gewohnten Umfelds. Das kann Kindern Angst machen und verlangt einiges von ihnen ab. Es ist deshalb völlig normal, wenn Kinder auf diese Situation belastet reagieren. Bei vielen kommt es beispielsweise zu starker Traurigkeit oder Wut und eine Zeit lang zeigen manche auch Veränderungen in ihrem Verhalten.
Sehen Sie sich auch das Video zu den Trennungsfolgen bei Kindern an!
Inhalt des Videos in Textform
Trennung der Eltern: Was belastet Kinder und wie kann man ihnen helfen?
Eine Trennung ist für fast alle Kinder schwer, weil sie häufig mit vielen Veränderungen und Konflikten der Eltern einhergeht.
Es ist völlig normal, dass Kinder auf diese Situation reagieren.
Gleich nach der Trennung haben Kinder oft starke Gefühle wie Traurigkeit und Wut und zeigen zeitweise auch Änderungen in ihrem Verhalten.
Manche Kinder sind stiller als sonst, haben auf nichts mehr Lust, können in der Schule nicht richtig aufpassen oder wollen sich von ihren Eltern nichts mehr sagen lassen.
Andere Kinder leiden unter Schlafproblemen oder Bauchweh und manche zeigen Rückschritte in ihrer Entwicklung.
Oft sind das vorrübergehende Reaktionen auf die neue Lebenssituation. Die meisten Kinder können die Trennung ihrer Eltern nach einiger Zeit gut bewältigen.
Manchen Kindern fällt die Bewältigung aber schwer. Auffälligkeiten im Verhalten fallen dann stark aus oder klingen über einen längeren Zeitraum nicht ab.
Das kann ganz unterschiedliche Gründe haben:
Die Umstände der Trennung, das Ausmaß an Veränderungen im Alltag und den Beziehungen, aber auch die Fähigkeiten des Kindes mit Veränderungen umzugehen können eine Rolle spielen.
Anhaltende Konflikte oder eine schlechte Zusammenarbeit der Eltern können auch dazu beitragen, dass Kinder mehr Schwierigkeiten haben, sich an die Trennung anzupassen.
Es gibt viele Möglichkeiten, wie Eltern ihren Kindern in dieser Situation helfen können. Wichtig ist, ihnen die Trennung verständlich zu erklären und bei wichtigen Entscheidungen wie der Betreuungsregelung möglichst auch ihre Wünsche einzubeziehen.
Auch Verständnis für Gefühle ist wichtig; d.h. die Kinder zu trösten, wenn sie traurig sind oder den anderen Elternteil vermissen, und sich Zeit für sie zu nehmen.
Außerdem sollten Kinder weiterhin Unterstützung und Zuwendung durch beide Elternteile erfahren.
Hilfreich sind z.B. eine konsequente Erziehung, zuverlässige Abläufe und Regelungen.
Zeigt ein Kind über längere Zeit Auffälligkeiten, kann es zudem wichtig sein, sich Hilfe zu holen.
Neben verschiedenen Beratungsangeboten für Eltern gibt es z.B. Kindergruppen zu Trennung und Scheidung, etwa in Erziehungsberatungsstellen.
Professionelle Unterstützung kann den Eltern helfen, Konflikte zu klären. Der Austausch mit anderen Kindern kann dazu beitragen, die Trennung einzuordnen und Strategien zu finden, mit der Trennung umzugehen.
Veränderungen über die Zeit
Den meisten Kindern gelingt es aber mit der Zeit, sich an die neue Situation zu gewöhnen und die Belastungen klingen wieder ab. Bei manchen Kindern kann dies schnell gehen – andere brauchen vielleicht etwas länger. Bei einigen Kindern kommt es vor, dass ihre Belastungen trotz Unterstützung durch die Eltern nicht besser werden oder ihre Verhaltensänderungen sehr stark sind. Hier kann es wichtig sein, sich fachliche Hilfe zu holen, um die Kinder gut zu unterstützen!
Sie möchten sich über professionelle Unterstützungsangebote für Kinder informieren?
Eltern-Tipp
Haben Sie Verständnis für die Gefühle und Reaktionen Ihrer Kinder und geben Sie ihnen Zeit!
Wie verarbeiten Kinder die Trennung?
Kinder verarbeiten Trennungen ganz unterschiedlich
Dabei sind manche Reaktionen ganz ähnlich wie bei Erwachsenen, andere aber auch ganz anders. Hier sehen Sie die häufigsten Reaktionen von Kindern auf die Trennung.
Protest
- Wutausbrüche
- Starkes Weinen
- Anklammern in Trennungssituationen
Gedanken und Gefühle
- Vermissen des jeweiligen Elternteils
- Wunsch, dass die Eltern wieder zusammenkommen
- Schuldgefühle
- Zerrissenheit und Wunsch, es allen recht zu machen
- Ängste, einen Elternteil zu verlieren
Anpassung
- Durch zeitweisen Fokus auf Trennungsverarbeitung weniger Konzentration und Energie für andere Dinge (z. B. Lernen, Spielen, Freunde)
- Mit der Zeit Abnahme negativer Gefühle und Wiedererlangen von Sicherheit und Geborgenheit
Protest
Weinendes Mädchen
Je nach Alter fällt Protest natürlich ganz unterschiedlich aus. So zeigen insbesondere jüngere Kinder häufig offen ihren Kummer, weinen oder fordern voller Wut und Hoffnung ihre Bezugsperson zurück. Aber auch ältere Kinder und Jugendliche sind nach der Trennung oft sehr traurig oder wütend auf einen oder beide Elternteile.
Vor allem bei jüngeren Kindern ist allein die Abwesenheit einer Bezugsperson selbst oftmals schon belastend, ganz gleich ob dies eine zeitlich befristete Trennung von einem Elternteil im Rahmen erster Umgangskontakte oder Übernachtungen ist oder ob es sich um eine längere Trennung von einem Elternteil handelt. Besonders belastend ist die Abwesenheit einer Bezugsperson, wenn die Kinder gerade eine Phase starker Trennungsangst oder starken Klammerns an einen Elternteil durchleben. In dieser Situation hilft Kindern grundsätzlich, wenn eine vorübergehende Trennung immer nur von einem Elternteil erfolgt, während der andere Elternteil weiterhin verfügbar ist und das Kind trösten kann. Allerdings ist auch dieser Trost anfangs nicht immer erfolgreich. Wenn die Kinder durch die Trennung von einer Bezugsperson stark verunsichert sind, lassen sie sich möglicherweise nur schwer beruhigen, zeigen sehr starke Wut oder klammern sich verzweifelt an diese.
Gedanken und Gefühle
Mit der Zeit nimmt das Protestverhalten meist ab, aber Kinder wie Jugendliche beschäftigen sich weiterhin häufig gedanklich mit dem jeweils abwesenden Elternteil und vermissen ihn oder sie. Ältere Kinder und Jugendliche machen sich zudem häufig viele Gedanken darüber, ob sie an der Trennung Schuld tragen, sie fühlen sich zerrissen zwischen beiden Elternteilen und wollen es allen recht machen. Auch die Frage danach, wie sich die Beziehung zu beiden Elternteilen verändert und die Angst davor, einen Elternteil zu verlieren, beschäftigt sie sehr.
Andererseits sind manche Kinder auch erleichtert, vor allem dann, wenn es vorher viel Streit zwischen den Eltern gab und sich die Situation nach der Trennung erst einmal beruhigt. Trotzdem sind fast alle Kinder sehr traurig, dass ihre Familie nicht mehr zusammenlebt. Der Wunsch, dass die Eltern wieder ein Paar werden, hält bei vielen Kindern häufig lange an.
Möchten Sie mehr dazu erfahren, wie sie Ihre Kinder bei der Verarbeitung der Trennung unterstützen können?
Anpassung
Hilfe bei der Anpassung
Anpassung an die neue Situation
Der Umgang mit den vielen negativen Gefühlen und die Anpassung an die neue Situation erfordern viele Ressourcen von Kindern, die ihnen dann an anderer Stelle fehlen. Es fällt ihnen dann beispielsweise schwer, Frust auszuhalten, sie sind unausgeglichen, schlafen schlecht oder sind beim Spiel oder beim Lernen ständig mit ihren Gedanken woanders.
Mit der Zeit gewöhnen sich Kinder aber an die neue Familiensituation. Vor allem, wenn sie erleben, dass beide Eltern weiterhin verlässlich für sie da sind und auf ihre Bedürfnisse eingehen. Negative Gefühle und Verlustängste nehmen dann immer weiter ab, sie fühlen sich wieder zunehmend sicher und geborgen und können sich dadurch wieder besser auf ihre eigene Entwicklung konzentrieren.
Wie reagieren Kinder auf die Trennung?
Die Reaktion von Kindern auf die elterliche Trennung hängt von verschiedene Faktoren ab, wie z. B. dem Alter, ihrem Entwicklungsstand oder ihrer Persönlichkeit. Es lassen sich aber keine Altersbereiche benennen, in welchen Kindern die Anpassung an die Trennung besonders leicht oder schwer fällt. Grundsätzlich können in allen Altersgruppen Belastungsanzeichen beobachtet werden. Allerdings beeinflussen Alter und Entwicklungsstand der Kinder auf welche Weise sich Belastungen äußern.
Nach Alter geordnete Übersicht über Trennungsfolgen und -belastungen
Säuglinge und Kleinkinder (0-2 Jahre)
Säuglinge und Kleinkinder (0-2 Jahre)
Häufige Reaktionen auf die Trennung der Eltern
Bereich | Auffälligkeiten |
---|---|
Nach innen gerichtete Auffälligkeiten |
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Nach außen gerichtete Auffälligkeiten |
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Entwicklung / Lernen |
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Körperliche Auffälligkeiten |
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Kleinkinder (2-3 Jahre)
Kleinkinder (2-3 Jahre)
Häufige Reaktionen auf die Trennung der Eltern
Bereich | Auffälligkeiten |
---|---|
Nach innen gerichtete Auffälligkeiten |
|
Nach außen gerichtete Auffälligkeiten |
|
Entwicklung / Lernen |
|
Körperliche Auffälligkeiten |
|
Kindergarten- und Vorschulkinder (3-5 Jahre)
Kindergarten- und Vorschulkinder (3-5 Jahre)
Häufige Reaktionen auf die Trennung der Eltern
Bereich | Auffälligkeiten |
---|---|
Gefühle und Verhaltensweisen in Bezug auf die Trennung |
|
Nach innen gerichtete Auffälligkeiten |
|
Nach außen gerichtete Auffälligkeiten |
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Entwicklung / Lernen |
|
Körperliche Auffälligkeiten |
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Kinder in der Grundschule (6-9 Jahre)
Kinder in der Grundschule (6-9 Jahre)
Häufige Reaktionen auf die Trennung der Eltern
Bereich | Auffälligkeiten |
---|---|
Gefühle und Verhaltensweisen in Bezug auf die Trennung |
|
Nach innen gerichtete Auffälligkeiten |
|
Nach außen gerichtete Auffälligkeiten |
|
Entwicklung / Lernen |
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Körperliche Auffälligkeiten |
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Schulkinder (10-13 Jahre)
Schulkinder (10-13 Jahre)
Häufige Reaktionen auf die Trennung der Eltern
Bereich | Auffälligkeiten |
---|---|
Gefühle und Verhaltensweisen in Bezug auf die Trennung |
|
Nach innen gerichtete Auffälligkeiten |
|
Nach außen gerichtete Auffälligkeiten |
|
Entwicklung / Lernen |
|
Körperliche Auffälligkeiten |
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Jugendliche (14-17 Jahre)
Jugendliche (14-17 Jahre)
Häufige Reaktionen auf die Trennung der Eltern
Bereich | Auffälligkeiten |
---|---|
Gefühle und Verhaltensweisen in Bezug auf die Trennung |
|
Nach innen gerichtete Auffälligkeiten |
|
Nach außen gerichtete Auffälligkeiten |
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Entwicklung / Lernen |
|
Was beeinflusst, wie gut Kinder mit der Trennung klarkommen?
Einflüsse auf die Belastung der Kinder
Auch wenn bei der Mehrheit der Kinder die Anzeichen von Belastung mit der Zeit wieder abnehmen, zeigen einige Kinder ein anhaltend hohes Ausmaß an emotionalen Problemen oder Verhaltensauffälligkeiten. Teilweise können Belastungen sogar bis ins Erwachsenenalter beobachtet werden wie beispielsweise ein erhöhtes Risikos für Depressionen und Suchterkrankungen oder für Probleme in den eigenen Liebesbeziehungen. Aber wie kommt es, dass es manchen Kindern schwerer fällt als anderen, die Trennung der Eltern zu verarbeiten? Hierauf gibt es keine einfache Antwort. Meist spielen mehrere Faktoren eine Rolle. Die Wichtigsten sind in der folgenden Übersicht zusammengefasst:
Wie kann man Kinder bei der Bewältigung der Trennung unterstützen?
Möglichkeiten der Unterstützung
Eltern haben viele Möglichkeiten, ihre Kinder nach der Trennung zu unterstützen und die neuen Familienbeziehungen positiv zu gestalten. Suchen Sie nach genaueren Informationen, was Kindern nach der Trennung guttut, wie Sie Ihre Kinder bei der Anpassung an die neue Situation unterstützen können und in welchen Situationen eine Elternberatung, eine Kindergruppe oder eine individuelle Unterstützung des Kindes sinnvoll sein kann?
Fürsorge
Eltern-Tipp
Selbstfürsorge
Nehmen Sie sich auch selbst Zeit, um die familiären Veränderungen und die Trennung zu verarbeiten und für sich selbst zu sogen. Nur so können Sie auch Ihre Kinder in der Situation gut unterstützen.
Quellen
Mehr zum Thema
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Quellen
Amato, P. R. (2001). Children of divorce in the 1990s: an update of the Amato and Keith (1991) meta-analysis. Journal of family psychology : JFP : journal of the Division of Family Psychology of the American Psychological Association (Division 43), 15(3), 355–370. https://doi.org/10.1037//0893-3200.15.3.355
Harold, G. T. & Sellers, R. (2018). Annual Research Review: Interparental conflict and youth psychopathology: an evidence review and practice focused update. Journal of child psychology and psychiatry, and allied disciplines, 59(4), 374–402.
Schmidt-Denter, U. (2001). Differentielle Entwicklungsverläufe von Scheidungskindern. In S. Walper & R. Pekrun (Eds.), Familie und Entwicklung. Aktuelle Perspektiven der Familienpsychologie (S. 292–313). Hogrefe.
Swartz-den Hollander, E. (2017). Parental divorce and children’s adjustment: An updated meta-analysis: Master-Thesis. Utrecht University, Utrecht, NL.
van Dijk, R., van der Valk, I. E., Dekovic, M. & Branje, S. (2020). A meta-analysis on interparental conflict, parenting, and child adjustment in divorced families ). A meta-analysis on interparental conflict, parenting, and child adjustment in divorced families: Examining mediation using meta-analytic structural equation models. Clinical psychology review, 79, 101861. https://doi.org/10.1016/j.cpr.2020.101861
Walper, S., & Langmeyer, A. N. (2014). Auswirkungen einer elterlichen Trennung auf die Entwicklung von Kindern in den ersten Lebensjahren. In R. Kißgen & N. Heinen (Eds.), Trennung, Tod und Trauer in den ersten Lebensjahren. Begleitung und Beratung von Kindern und Eltern (S. 159–176). Klett-Cotta.
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